Beitrag zur MOW - Themenwoche

Savage

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27.02.2007
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Wie ihr sicherlich schon aus dem Titel entnehmen konntet, ist dies kein normaler Blog, sondern eine Geschichte zur Magic Of Writing - Themenwoche. Doch wenn ich schon dabei bin, kann ich ja noch eine kleine Geschichte zur Geschichte schreiben. :)
Mein Studium neigt sich dem Ende zu und da war ich doch ein wenig überrascht, in meinem Postfach eine Nachricht von leonynn zu finden - hatte ich doch in letzter Zeit auf Grund der Diplomarbeit und anderem Stress meine Internetkontakte fast gänzlich einschlafen lassen. Es war eine nette Einladung zu ihrer Themenwoche. Man sollte etwas zu einem Bild schreiben - egal ob Geschichte, Gedicht oder was auch immer. Ich saß kurz da und überlegte, wie lange ich schon nichts mehr außer trockenen, fachlichen Texten geschrieben hatte und schon schwappte eine Welle der Ideen über mich herein. Da meine Freundin noch nicht zu Hause war und ich ein wenig Zeit erübrigen konnte, begann ich zu tippen. Eine gute Stunde später war ich fertig. Ein schönes Gefühl, mal wieder etwas abseits der Arbeit getippt zu haben. Aber nun will ich euch nicht mehr lange mit meinem Gelaber langweilen und einfach die Kurzgeschichte posten.
Ach ja, noch etwas... Ich habe in letzter Zeit so schrecklich viel Korrektur gelesen, dass ich es hier einfach gelassen habe. Mir ging es nur um den Spaß am schreiben. Man möge mir verzeihen. ;)
Die Befestigungen der Feuerleiter quietschten leise und der Rost auf den einzelnen Sprossen knirschte unter meinen Schuhen. Ich erreichte das flache Dach und spähte vorsichtig über die niedrige Mauer. Es war keine Gefahrenquelle auszumachen. Der Regen der vor gut zwei Stunden heruntergeprasselt war, hatte vereinzelte Pfützen hinterlassen, die allesamt eine ungesunde dreckige Farbe hatten. In ihnen spiegelte sich die blaue Leuchtreklame des Hotels von gegenüber, die das ganze Dach in ein seltsames Licht tauchte.
Hier oben war es größtenteils leer, bis auf eine massive Thermo-Klima-Zelle. Sowohl die Größe als auch das Aussehen bestätigten, dass sie schon einige Jahre auf dem Buckel haben musste. Unzählige Roststreifen zogen sich an der einst silbern glänzenden Verkleidung hinunter. Am anderen Ende des Flachdaches waren zwei Liegestühle aufgestellt. Das verwunderte mich ein wenig. Wer sollte denn den Ausblick über eines der schlimmsten Viertel dieser Stadt genießen können? Hässliche Wohnblöcke bestimmten den Anblick der Skyline - manche davon schon so alt, dass sie teilweise verfallen waren und nun die Stahlträger wie trostlose Gerippe in den Himmel ragten. Aber in vielen Fenstern war trotz allem Licht. Oft nur der flackernde Schein einer Kerze, aber trotzdem ein Zeichen für Menschen, denen alles lieber war, als auf der Straße schlafen zu müssen. Die Gefahr einer möglicherweise einstürzenden Decke nahmen sie gerne auf sich, so lange sie keine Miete zahlen musste.
Ich besann mich wieder auf mich selbst. Das Dach war soweit in Ordnung, also glitt ich vorsichtig über die Mauer und warf ein letztes Mal einen prüfenden Blick in alle Richtungen. Mit einigen flinken aber lautlosen Schritten war ich bei der Thermo-Zelle, lehnte mich dagegen und ging in die Hocke. Curly scharrte dabei leicht an der Verkleidung der Zelle. Ein Gedanke reichte um mein Holo-Display in der Handfläche zu aktivieren. Ein Schwall von Bildern und Texten stürmte auf mich ein - viel zu schnell für normale Augen. Als ich mir wieder alle Details des Auftrages ins Gedächtnis gerufen hatte, deaktivierte ich das Display und nahm Curly vom Rücken.
Sanft glitten meine Finger über ihre Oberfläche und streichelten, ja liebkosten die Verkleidung der Waffe. Wie hunderte Male zuvor machte ich sie einsatzbereit. Mit zwei Knopfdrücken wurde der Computer zum Ausgleich der äußeren Einflüsse gestartet. Ein Hebel wurde umgelegt und sanft zischend nahm die Rückstoßdämpfung ihre Arbeit auf. Es gab schon lange Waffen, die all dies selbst und effizienter erledigt hätten, aber nur das hier war Curly. Wie immer war sie bereits geladen, also schlich ich an den Rand des Daches und nahm meine kniende Haltung ein.
Ich hatte die zwei Fenster seiner Wohnung sofort im Blick - gute Arbeit meines Informanten. Jedoch wunderte ich mich noch immer, dass eine dermaßen einflussreiche Person in diesem Stadtteil ein Hotel buchte. Dies tat er wohl, um irgendwelchen perversen Vergnügungen nachzugehen, die um nichts in der Welt bekannt werden durften. Drogen, Prostituierte oder Schlimmeres, ich rechnete mit vielem, nur nicht mit diesem Anblick. Kaum war ich in Position ging er an dem rechten Fenster vorbei. In seinen Armen trug er ein kleines Mädchen. Sie hatte lockiges, schulterlanges Haar und trug ein langes rosa Nachthemd. Er strich ihr mit einer Hand über den Kopf und küsste ihre Stirn. Ich zögerte und schließlich war der Augenblick vorbei. Er hatte das Fenster passiert.
Seltsam. Ich wurde von diesem Anblick so außer Fassung gebracht, dass ich meine Professionalität für einen Augenblick vergaß. Ich hatte unzählige Leute getötet, doch noch nie war mir bewusst geworden, dass es sich bei einem meiner Opfer um einen liebenden Vater handeln konnte. Was das wohl für ein Gefühl war?
Er betrat das Nebenzimmer und ich konnte durch das Fenster ein Bett sehen. Sanft legte er das Mädchen hinein und deckte sie zu. Sie wurde von seinem Rücken verdeckt. Ich wollte ihn nicht vor seiner Tochter erschießen und beschloss zu warten, bis er wieder in den anderen Raum gegangen war.
Doch jemand hatte mich entdeckt. Als mein Opfer sich langsam über das Bett beugte, um dem Mädchen einen allerletzten Kuss zu geben, blitzte ein Lichtreflex zwischen den Buchstaben der Leuchtreklame auf. Mir blieben knapp fünf Millisekunden, um eine Entscheidung zu treffen. Keine Zeit mehr, mich über sinnlose Verzögerungen zu ärgern, denn wäre ich strikt vorgegangen, befände ich mich jetzt nicht in dieser Lage. Vier Millisekunden. Der Auftrag hatte die höchste Priorität, also gab ich den Impuls zum Krümmen des Zeigefingers.
Noch bevor die Kugel meines Gegners in meinen Kopf einschlug, verließ mein Geschoss Curlys Lauf. Glas splitterte und vier meiner optischen Sensoren gaben den Geist auf. Ich hatte noch genügend weitere, um zu verfolgen, wie meine Kugel das Herz des Opfers und die Brust des Mädchens durchschlug. Einen Augenblick empfand ich so etwas wie mitleid, bis mir meine logischen Routinen mitteilten, dass es so wohl besser für die Tochter war. Immerhin wurde ihr der Schock erspart, ihren toten Vater in den Armen zu halten.
Die Kugel meines Gegners drang durch mehrere Panzerschichten und zerstörte wichtige Verbindungsleitungen zur Steuerung der Gliedmaßen. Ich wusste, was nun kommen würde. Der Auftrag war erfüllt und niemand durfte erfahren, wer mich geschickt hatte. Ein kurzes Zucken lief durch meinen fallenden Körper, als der Hauptprozessor von einem starken Stromstoß verbrannt wurde und ich die Verbindung zu meinen Sensoren verlor. Ich konnte noch einen letzten Gedanken fassen...
War das Schmerz?
 
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