Bibi Blogsberg

half_baked222

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"Komm her, Kartoffelbrei." Womit wir schon wieder beim Essen wären. Kann Essen eine Sünde sein? Gedankenwechsel - Hex-hex! So einfach müßte es immer sein. Beziehungsprobleme? Liebeskummer? Hex-hex! Migräne? Hex-hex! Übergewicht? Hex-hex! Bankkonto überzogen? Hex-hex!

Unermeßlich viele ungewollte Situationen und Gemütszustände, jeder kennt sie, keiner hat sie gerufen. Gerade frisch den eigenen Kopf über die Schwelle der Arztpraxis gerollt, ereifert man sich über etwaige Behandlung. Der Schädel wird sich bestimmt wieder annähen lassen. Mag ein bißchen zwicken, sonst weiter nicht schlimm. Hauptsache, die Leute gucken nicht mehr so schräg und die Nachbarn denken nichts Absonderliches...
Man hievt also mit letzter Kraft die Rübe kurzerhand auf die Ablage der Sprechstundenhilfe und wägt sich in sicheren Händen. "10 Euro dabei?!" (Tor 3: Zonk!)
Sprachlos nach den Stimmbändern suchend, die vermutlich noch draußen auf der Treppe liegen, findet sich irgendwo ein Lappen an, der die Welt bedeutet. Bißchen Trinkgeld sei ihnen gegönnt. Raus hier. Hex-hex!

Ähnliches Szenario bloß beim Spezialisten: "Haben Sie einen Termin?!" Drei Stunden später und einigen sinnlosen Untersuchungen reicher, gilt es erstmal, Zweckoptimismus zu verbreiten. Die ausgelassene Stimmung im Wartezimmer hat ebenfalls zum Glück was für sich. Famoser Spaß zwischen Lesezirkel und den irdischen, in die Decke gestarrten Löchern. Heiter schunkelt jeder mit, hier fühlt man sich wohl. Das hat eine Clubatmosphäre, die zudem nur der Elite vorbehalten ist. Einlaß gegen Überweisung. Fehlt noch der obligatorische Türsteher: "Kein Rezept? Du kümmst hier net rein!" Abgeblitzt. Hex-hex!

Der letzte Arsch an der Kasse sein. Man kennt es. Taktisch in Kassennähe mit der 1-Euro-Rennmaschine aus Draht auf die günstigste Situation lauernd, damit man nicht auf ewig dem Stillstand untergeben ist, streift man rein zufällig noch am bemerkenswerten und höchst interessanten Plunder vorbei. Der innere Monolog: "Ach, hier stehen also der biologisch abbaubare Dachrinnenreiniger, den ich bereits seit Jahren suche..." Weil sich derweil an der Kasse außer Zeitlupe immer noch nichts getan hat, wird die unspektakuläre Verpackung kurzerhand angehoben und ein verblüffend nachdenklicher Blick aufgesetzt, der natürlich ungehemmte Kaufbereitschaft signalisiert. "Scheiße, damit läßt nun wirklich keiner aus der Schlange locken." Auf zum nächsten Produkt. Das Auge schweift an der Kerze aus Holz vorbei über den Fussel-Plastikroller, der höchstens dem Verkäufer ein gutes Gefühl beschert, hin zum 5er-Pack Hosenträger. Welch Glücksgriff: zweimal Lila, zweimal Kackbraun und als Bonus oben drauf Gelb
Weil scheinbar niemand in unserer Bananenrepublik dazu in der Lage ist, Obst oder Gemüse zu wiegen, sprintet zwischenzeitlich die gebeutelte Kassiererin im schlafwandlerischen Tempo folgerichtig los. Kurz nach der Mittagspause und nachdem die zum Erliegen gekommene Kundschaft Staub angesetzt hat, beschließt man, daß es unmöglich schlimmer kommen kann, und zieht eine Wartemarke für die Klapperschlange. Na gut, nicht jeder ist zwangsläufig im Umgang mit harter Währung geübt, die Schwerkraft wie gewohnt spielt gekonnt ihren Part, in so einer Situation muß man eben Geduld aufbringen. Man hantiert mit diesem befremdlichen Zeug nur jeden Tag, verständlich...

Nachdem sich das Ritual dem Ende geneigt hat und man zufrieden zahlen darf, ist es an der Zeit, die beiden ganzen Teile übersichtlich im Schubwagen zu platzieren. Ähnlich wie es die Vorgänger mit ihren Bergen an Wochen- und Panikeinkäufen gemacht haben... Die Kaugummis vor die Flasche Wasser? Dahinter? Eine Stilfrage, man will sich schließlich als Supermarktexperte keiner Blöße hingeben. Ein kurzer Blick zurück in Richtung Windschatten. Gähnende Leere, Konsumverdrossenheit. "Hätte ich mich lieber noch mit dem Fusselroller beschäftigt", sagte das rechthaberische Kleinhirn zum konsternierten Großhirn. Agression, Schaum. Hex-hex!

Nach der Sprechstunde mit meinem Innenleben muß ich zusätzlich festhalten, daß ich immer noch auf den Tag meiner Entdeckung warte, an dem ich unter Jubelströmen und Konfettiregen von anderen Kunden feierlich bewundernd verabschiedet werde, weil ich wie niemand zuvor Sachen im Einkaufsvierrad platzieren konnte. Der Künstler im Korb. Wehe, wenn er losgelassen...
 
Okay du gibst nix ab.
Und in Ordnung - kein Buch.
Aber blogs! - Versprochen!?
 
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