Wenn man im Bereich "Allgemeine Diskussion" über das perfekte Rollenspiel philosophiert, stellt sich auch die Frage, welche Art Rollenspiele gemeint ist: Computer/Konsolen-RPG, Pen&Paper oder LARP. Ich denke, dass die meisten Forenbesucher den Begriff vor allem auf die erste Kategorie beziehen werden, obwohl wir hier in der Off-Topic-Area sind.
Soweit meine Meinungen, was in welchen Kategorien wichtig ist:
1.Computer- und Konsolenrollenspiele: Hier kann man wieder grob in 2 Unterkategorien teilen, nämlich japanische RPGs, die liniear eine vorgegebene Geschichte erzählen und die westliche Variante, die bei Charaktererschaffung und Spielwelt möglichst viele Freiheiten bieten will. Da beide Möglichkeiten Vorzüge haben, die der anderen Gattung widerum fehlen, lässt sich der Schluss ziehen, dass keine der beiden Konzepte perfekt sein kann. Ein perfektes Rollenspiel, sofern es ein solches geben könnte, müsste also die Vorzüge beider Gedankenwelten verbinden. Die Frage stellt sich allerdings, ob man eine komplexe Geschichte, wie man sie aus Japano-RPGs kennt mit einem frei erschaffenene Helden erzählen könnte, oder ob sie einen vordefinierten Hauptcharakter braucht. Ein menschlicher Spielleiter kann das typischerweise durchaus, ein Computerprogramm kann aber nicht so flexibel und spontan auf die Eigenheiten eines Spielerhelden reagieren.
Ein Mittelweg wäre ein vorgefertigter Held, dessen Fähigkeiten, sofern nicht storyrelevant, aber völlig in der Hand des Spielers liegen. Ein solcher Protagonist hätte also einen bestimmten Namen und ein bestimmtes Schicksal, er könnte es aber sowohl als Magier, Kämpfer oder Waldläufer erfüllen. NSC-Begleiter würden auch verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten haben, allerdings in einem etwas begrenzterem Rahmen, denn in der Regel haben solche Figuren Aufgaben, die eng mit ihren Klassen bzw. Professionen verbunden sind. Dieser Ansatz geht davon aus, dass man Story und regeltechnische Elemente trennen kann, was natürlich auch nicht immer der Fall ist. Ich denke da z.B. an NWN2. Ich spielte eine Drachenjüngerin mit Stärke 35. Für alle, die sich nicht mit D&D auskennen: Das ist ungefähr die Stärke, die man braucht, um einen Elefanten über den Kopf zu stemmen. Dementsprechend lächerlich wirkte auf mich auch der Beschützerinstinkt des NSC-Paladins.
Die Spielwelt müsste viele Nebenaufgaben aufweisen und weitgehend frei begehbar sein - allerdings mit einer klar vorgegebenen Hauptqueste, die sich als roter Faden durch das Spiel zieht. Die würde ihn dann immer dorthin führen, wohin er bisher noch nicht konnte - schließlich braucht der Spieler Motivation.
Grafikstil könnte sowohl westlich als auch Anime sein - das ist letzten Endes Geschmacksfrage, kein Stil ist per se besser oder schlechter als der andere. Für klassische Fantasy, also Tolkien-esque Fantasy wäre ein westlicher Stil etwas passender, ansonsten liegt Schönheit im Auge des Betrachters. Ebenso das Szenario: Fantasy, Science Fiction, Endzeit oder Mischsettings, alle haben ihren Reiz.
2. Bei P&P ist das perfekte Rollenspiel in erster Linie abhängig von einem "perfekten" Spielleiter. Das ist gleichzeitig kein und jeder Spielleiter: Der Spielleiter ist ein Mensch und Menschen sind bekanntlich nicht perfekt. Auf der anderen Seite gibt es einen Grundsatz, der allen P&P-Rollenspielen gemein ist: Der Spielleiter hat immer recht. Das würde den Spielleiter zu einem perfekten Wesen erheben. Ein Paradoxon also.
Das Regelwerk an sich müsste meines Erachtens leicht erlernbar sein, dass man es beim Spielen so wenig wie möglich merkt, soll heißen, dass eine Geschichte erzählt wird und das Spiel nicht in Regeldiskussionen untergeht. Gleichzeitig sollte es in möglichst vielen verschiedenen Situationen sinnvoll anwendbar sein, also von den Ideen der Spieler nicht überfordert sein.
Wie detailiert ein Charakter durch regeln umschrieben wird - also auch seine Persönlichkeit - nicht nur seine Fähigkeiten, ist recht umstritten. Viele Spieler lehen z.B. Gesinnungsysteme, die das Verhalten des Charakters hinsichtlich gut und böse oder Ordnung und Chaos beschreiben, ab, da diese manchmal hinderlich für die spielerische Freiheit sei. Manchmal ist diese Einteilung auch nicht sinnvoll möglich.
Bei Setting gilt: Nirgendwo gibt es für Entwickler, Spielleiter und Spieler mehr Freiheiten als im Pen&Paper, wo weder Computerroutinen noch der eigene Körper die Möglichkeiten einschränkt und die Vorstellungskraft die einzige Grenze ist. P&P eigenet sich also gut für High Fantasy - Szenarien, ist aber nicht auf diese Beschränkt.
3.LARP: Meiner Meinung nach ist hier das beste System "Du kannst, was du darstellen kannst." Zumindest was die Stimmung betrifft.