Friede für Virunga

Goemon

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Der Virunga Nationalpark im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRC) ist mit seinen Vulkanen und dichten Regenwäldern eine der beschaulichsten Regionen der Erde, was ihn bereits 1979 zum Weltkulturerbe der UNESCO machte. Leider liegt der Park auch im Grenzdreieck von DRC, Rwanda und Uganda, wodurch er gleichzeitig die meistumkämpfte Region der Erde stellt.
1994 wurden in Rwanda bei einer Massenverfolgung der Tutsi mehr als 800.000 Angehörige der zentralafrikanischen Minderheit getötet, der größte Genozid seit Hitler. Es folgte ein kongolesischer Krieg 1996/97, der hauptsächlich durch Flüchtlingsströme und Umsturz der Regierung motiviert war. Daraufhin wurden Allianzen und Vereinbarungen neu ausgewürfelt, wobei der Frieden bereits im Folgejahr durch neue desaströse Konflikte vernichtet wurde. Die Kongo-Kriege dauerten mit einigen Unterbrechungen und unzähligen Gewalt-Ausreden mehrere Jahre an. Sie wurden erst 2003 durch trügerische Abkommen abgebrochen, wobei zu jenem Zeitpunkt bereits über fünf Millionen Menschen getötet wurden, ebenfalls ein trauriger Rekord, der nur vom zweiten Weltkrieg überboten wird.

Nun ist die Rebellenorganisation erneut vorgerückt, hat mit Kimumba eine der großen Krisenregionen der DRC eingenommen und dabei einige zehntausend Flüchtlinge nach Goma getrieben, welche mit über einer halben Million Heimatloser bereits eine der größten Flüchtlingsstädte der Welt ist. Der bewaffnete Konflikt richtet sich gegen die Regierung und ruandische Milizen. Von der Drei-Fronten-Situation ist die UN wieder einmal so dermaßen überrascht, dass sie eigentlich nur daneben stehen kann. Obwohl mit der durchschnittlich besseren Ausrüstung und Ausbildung versehen, sind sie zum Kampfeinsatz völlig ungeeignet. Um diesen Umstand verstehen zu können, sollten wir uns die beteiligten Parteien genauer anschauen.

FDLR
Die ruandische Nazi-Alternative floh nach der Ermordung der Tutsi-Minderheiten 1994 in die östliche DRC. Sie besteht hauptsächlich aus rebellischen Rwanda-Soldaten und Hutu-Milizkämpfern, die sich unter kongolesischer Obhut neu formierten und so die Forces Democratiques de Liberation du Rwanda (FDLR) bildeten. Was der Massenmord an den Tutsi mit Liberalisierung zu tun hat und warum die Truppen zumeist auf DRC-.Boden kämpfen, konnte zwar bislang niemand recht beantworten, aber durch Ausbetung der Ressourcen im Virunga-Nationalpark geht es ihnen finanziell ganz gut. Vor zehn Jahren entdeckten sie den Wert von Holzkohle und lassen seitdem durch Zwangsarbeiter Regenwald zu Brennstoff verarbeiten, was den Park jährlich immense Flächen kostet.

CNDP
Nachdem bekannt wurde, dass die DRC als Staat mit der FDLR kooperieren würde, hatten einige Mitglieder der kongolesischern Armee die Faxen dicke und bildeten zusammen mit Tutsi-Milizen den National Congrès National pour la Défense du Peuple (CNDP), der jetzt quasi für die Freiheit des Kongo kämpft. Unter der Führung des "Chaiman" (Rebellengeneral Laurent Nkunda) kontrolliert der CNDP die östliche Virunga-Region. In seinem schwarzen Anzug mit weißen Socken und Sonnenbrille macht Nkunda einen sehr charismatischen Eindruck, aber das war ja bei Altkanzler Schröder auch nicht anders.

FARDC
Die Regierungstruppen, die sich unter dem umständlichen Namen Armed Forces of the Forces Armées de la République Démocratique du Congo (FARDC) präsentieren, stehen zwar relativ machtlos zwischen den beiden Hass-Parteien, halten aber dennoch nach alter afrikanischer Tradition überall dort die Hand auf, wo ein paar Dollar fallen können. Die offizielle Verlautbarung heißt natürlich "für eine friedliche DRC", doch weht der kämpferische Wind meist in die Richtung des Geldes. Seien es Drogen, Minerale oder Holzkohle, ohne zünftige Bestechung verlässt kaum eine Ware die Region.

ICCN
Das Institut Congolais pour la Conservation de la Nature (ICCN, warum zum Teufel gibt es hier eigentlich keine anständigen englischen Bezeichnungen?) stellt etwa 650 Ranger für die Parkregion, die für ein paar Dollar pro Woche und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft täglich im Kampf gegen Korruption ihr Leben riskieren. Mit der Regierung haben sie soviel zu tun wie die Samariter mit der Bundesrepublik und wenn sich ein illegaler FARDC-Transport seinen Weg durch den schrumpfenden Dschungel bahnt, stehen die ICCN-Mitglieder für gewöhnlich vor der Entscheidung sich erschießen zu lassen oder beiseite zu treten?

UN
? es sei denn, die Truppen der United Nations (UN) sind zufällig in der Nähe und passen auf, dass den neutral bis friedlich Gesinnten nichts passiert. Schließlich ist ein neuer Genozid oder die Attackierung von neutralen Einsatzkräften die einzige Möglichkeit der UN, in den Konflikt einzugreifen.

Rwanda
Man könnte vermuten, dass den FDLR-Nazis irgendwann die Munition ausgeht, aber Rwanda hat die Lage gut im Griff. Kein Kämpfer für das Böse muss hungern oder mit zu wenig Schusswaffen auskommen, dafür sorgen das Geld aus Drogenhandel und Regenwaldabholzung in Verbindung mit ruandischen und kongolesischen Waffenhändlern.

Zivilisten
Momentan befinden sich in DRC gut 1,6 Millionen Menschen auf der Flucht. Vor Hunger, vor Gewalt, vor der FARDC, der FDLR oder der CNDP. Egal, hauptsache weg vom sicheren Tod! 5,4 Millionen sind bereits gefallen und niemand will der nächste sein.

Berg-Gorillas
Der Virunga Nationalpark beherbergt mehr als die Hälfte aller verbleibenden Berggorillas, einer der am stärksten bedrohten Arten unseres Planeten und ist durch die zusammenhängenden Habitate gleichzeitig ihre einzige Aussicht auf eine Art-erhaltende Zukunft.

Unter UN-Aufsicht treffen sich nun die Präsidenten von Rwanda und DRC wieder einmal zu Friedensgesprächen, wobei zumindest jenen beiden klar sein dürfte, dass man die Situation dort unten am besten sich selbst überlässt. Beide verdienen gut am Kriegsgeschäft und haben ferner überhaupt keine Kontrolle über die entsprechenden Truppen. Der Ausgang jener Verhandlungen ist daher recht vorhersehbar: man schüttelt sich die ungewaschenen Hände, nickt sich freundlich zu und verspricht Besserung.
Darüber hinaus sind allerdings auch Gespräche mit den Milizenführern angekündigt. Ich habe keine Ahnung wie so etwas aussehen soll, aber die UN macht das bestimmt klasse! Hat ja bislang immer super funktioniert, sich mit den Hass-Instruirten an einen Tisch zu hocken und ihnen ins Gewissen zu reden. Schade nur, dass mir gerade kein positives Beispiel einfällt. Vielleicht könnte auch ein kleiner Exkurs in Wirtschaftsgeschichte Abhilfe schaffen, indem er das präsidiale Interesse an Frieden und den damit verbundenen Touristengeldern erweckt? Ich hätte jedenfalls Probleme damit, Dollars anzunehmen, die durch so viele schmutzige Hände gegangen sind, wie die aus dem Holzkohlehandel. So ein Unfug, Afrikaner-Hände sind eh schwarz.
 
hat mir der Hausarzt verschrieben ;)
Ich hoffe nur, dass die Tagesschau heute endlich mal wieder ein fröhliches Thema hergibt. Lange ertrage ich diese Katastrophen meldungen nicht mehr.
 
in den gebieten gibt's nen haufen probleme, den gorillas schadet net nur die verkohlung des waldes, die cndp ist ausgerüstet wie ein richtiges militär; raketenwerfer-karre inklusive

aber zumindest haben die rebellen eine humane strafe bei sexuellen übergriffen auf zivilisten - exekution.....

hab schon so einiges auf N24 gesehen...
 
aber der Atheist in mir wünscht sich doch sehr einen Sieg der kongolesischen Rebellen. Der Militär-Vergleich ist berechtigt, schließlich speist sich die Mitgliederzehl zum großen Teil aus Ex-Soldaten. Die CNDP ist die einzige bewaffnete Konfliktpartei die sich aktiv für das Volk einsetzt, obschon mit oftmals ziemlich wiederwärtigen Methoden. Ist halt Krieg!

Für eine weiterführende Gesamtbetrachtung empfehle ich die Juli-Ausgabe des National Geographic (Original-Version, wann der deutsche Virunga-Artikel erschien, weiß ich nicht).
 
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