Göttlich jeden Tag

ElPleito

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Wie immer eine paar Worte vorweg. Ich stelle im Folgendem meine persönlichen Ansichten dar. Ich möchte weder einen Menschen, eine Gruppierung oder gar ganze Überzeugungen anprangern, bezweifeln oder gar kritisieren.

Neubrandenburg, 06. April, 10:13

Heute ist einer meiner denkintensiveren Tage. Die Wolken hängen tief, ein leichter Niesel regnet auf mich herab und ich hab mal wieder schlecht geschlafen. Beste Voraussetzungen also.
Ich bin auf dem Weg zur Firmung des jüngeren Bruders meiner Verlobten. Sein großer Tag und ich hab so eine Laune. Aber das hat auch den Vorteil, dass ich wieder einmal ein wenig Schreiblust verspüre, vor allem aber eine Idee dafür habe.
Ca. 25 Minuten Später:
Der Pfarrer hält seine Rede. Er redet viel und schneidet dabei Unmengen an Themen an. Ich bin nicht katholisch, glaube aber an Gott. Komisch, dass ich immer "gottkritischer" werde, wenn ich eine Rede eines Pfarrers, Kaplans etc. höre.
Er schneidet aber auch ein Thema an, das mich ein wenig stutzig macht. Er meint, natürlich sei die Erde nicht in 7 Tagen erschaffen worden. Dies sind alles nur Bilder. Und er will auch nicht der Naturwissenschaft widersprechen, die ihm aufs Molekül genau erklären kann, wie die Erde entstand. Doch eines, sagt er, kann niemand erklären. Kein Gelehrter und kein Wissenschaftler der Welt. Das Warum.
Und ich frage: Warum?
Warum zum Henker eine solche Frage? Warum die Erde entstand und wir entstanden sind?
Purer, kosmischer Zufall. Kein "Warum" hier! Es ist und war einfach nur Zufall, dass wir entstanden sind und noch immer entstehen.
Ich grüble. Wieso muss jeder nach dem "Warum" fragen? Ich glaube, die meisten Menschen können einfach nicht hinnehmen, dass wir ein Zufall sind. Dass wir nicht der Mittelpunkt des Universums sind. Bildlich gesprochen.
Eine "globale Arroganz" also.
Es ist Abend geworden. Ich sitze vor meinem PC und schreibe meine Gedanken zu dem Thema in Stichpunkten auf. Neben meiner Freude über einen neuen Blog, der sich ankündigt, habe ich aber auch eine gewisse Traurigkeit im Bauch. In unserer so aufgeklärten Welt schaffen es die wenigsten, sich mal keinen Kopf über den Sinn des Lebens zu machen. Es schafft keiner, einfach mal statt "Warum" nur "Darum" zu sagen.
Es ist keine schöne Wahrheit. Und wenn ich ehrlich bin, dann gefällt sie mir wohl genauso wenig, wie allen anderen. Aber wir sind nun mal das Produkt eines großen, kosmischen Zufalls. Und wenn ich ein wenig "googlen" würde, bekäme ich sicher auch noch heraus, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen der Erde und eines jeden Einzelnen von uns war. Traurig, alles so nüchtern zu sehen, aber irgendwie logischer, als ein alter, bärtiger Mann, oder ein Typ in Latschen, die mal eben eine Welt gemacht haben, weil er allein war.

Ich habe vor kurzem einer befreundeten Arbeitskollegin erzählt, dass ich an Gott glaube. "Was?" kam es von ihr erstaunt. "Echt? Ich überhaupt nicht. Warum lässt Gott denn Leid zu, und so?" "Ah!" antwortete ich. "Das ist die Theodizee-Frage?" Und dann stotterte ich mir hier und da etwas aus den Rippen, was ich von meiner mündlichen Religions-ABI-Prüfung noch im Kopf hatte, leitete das Thema aber schnell wieder um.

Jetzt kommen die Gedanken in mir auch wieder hoch, die ich mir schon so lange stelle: "Warum lässt Gott das Leid zu?" Denn auch wenn sich oben Geschriebenes anders anhört, glaube ich an Gott. Gott ohne Artikel. Ohne Anzahl, Aussehen oder Geschlecht.
Und hier kommt meine Erklärung in Spiel.
Ich glaube nämlich, so seltsam es klingen mag, dass der Satanismus dem Gott-Glauben einiges voraus hat. Satan ist nicht ein Person, ein Dämon oder ein Ding. Sondern einfach der eigene Wille. Die eigene Arroganz, Ignoranz und Intoleranz. Eine persönliche Anarchie. Jeder folgt also dem, was er will. Satan ist eine Gesamtheit von vielen Dingen.

Und ich glaube, Gott ist genau das. Gott ist Gemeinschaft, Hilfe, Toleranz, Nächstenliebe.
Er ist kein Jesus, der Gottes Sohn war. Er war ein Gottessohn. Er hatte nur verstanden, worum es beim Glauben geht. Einheit.
Die Katholische Kirche glaubt, alle Sünden wieder gut machen zu müssen. Sehr rudimentär und einfach gesprochen, dass man ein Konto hat, das man auffüllen oder abbauen kann. Bis man vor Gott selbst tritt.
Fast, denke ich. Gott lässt Leid zu, weil Gott eben auch der freie Wille ist. Gut und schlecht sind sowieso relativ. Und wir selbst entscheiden darüber, was wir mit dem freien Willen anfangen. Mit dem Zufall, der uns auf diese Welt gebracht hat. Gott sind wir. Deshalb ist Gott auch in uns und um uns. Weil jeder Gott ist und alles Gott ist. Weil wir um Gut und Böse entscheiden. Und weil wir die Eigenverantwortung haben, es durchzusetzen und zu vertreten?

Ausgelaugt sitze ich vor meinem Rechner.
Mein Hirn schaltet langsam ab. Seit ich aus der Schule raus bin, merke ich, wie ich das denken langsam aber stetig verlerne. Ich könnte jetzt eigentlich noch ewig weiterdenken. Könnte meinen persönlichen Begriff von Gott weiter erläutern. Aber es ist nur meine Ansicht und langsam fühle ich kraftlos.

Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich meinen Blog schreibe und ich veröffentliche. Denn er ist so ganz anders, als die anderen.
Aber ich habe es versucht. Es versucht, nahe zu bringen, dass ich denke, dass wir alle Gott sind und die Macht haben, "göttliches" zu tun.
Und das ist auch der Grund, warum wir die Möglichkeit haben, jeden zweiten Mittwoch im Monat mit Gott Poker spielen zu gehen?
 
Harter Stoff diesmal.
Hat sich was mit - gut geschrieben, nette Geschichte o.ä.
Obwohl, gut ist es wieder, ja sogar spitzenmässig geschrieben, lesbar und - es regt zum weiterlesen und nachdenken an.
Deine Meinung, wunderbar und klar formuliert.
Meine Meinung:
Es ist egal ob jemand Gott - was immer man darunter verstehen mag - erklären kann.
Es ist!
So wie der Sinn des Lebens einfach Leben ist. Ohne Hintergrund oder tiefem Sinn.
Warum Fragen stellen, die dann doch jeder anders und keiner befriedigend beantworten kann.
Zusammen leben, sich umeinander kümmern, nett sein, helfen, das Leben soweit es möglich ist geniessen und den Spass mit anderen teilen.
Gemeinsam - das ist Gott!
Einsam der andere.

Gruss

Alexboy

( Meine Meinung - anfechtbar! )
 
Warum sitzen wir hier? Die Frage wird keiner beantworten können. Wir sollten einfach nur froh sein hier und ein Teil "unserer" kleinen Welt zu sein :)
 
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