Hitzefrei

Goemon

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Die US-Klimabehörde (National Oceanic and Atmospheric Administration, NOAA) hat ihren neuen Bericht vorgelegt, nach dem die momentane arktische Temperatur etwa 5°C über ihrem herbstlichen Normalwert liegt. Laut aktuellen Klimamodellen und Expertenmeinungen des WWF führt dies zu einem vollständigen Abschmelzen der arktischen Eisdecke bis 2030, also noch bevor die meisten von uns das Rentenalter erreichen. Eine klimatische Überraschung die weltweit für Erstaunen sorgt.

Tatsachenbericht
Da spielen wir jetzt einfach mal Radprofi, stellen uns dumm und tun so als käme die Erkenntnis über schmelzende Polkappen völlig unerwartet. Also wohin damit? Erstmal Tatsachen abklopfen. Die USA sind seit jeher dafür bekannt, dem Zustand ihrer Umwelt nicht allzu viel Bedeutung beizumessen und diesbezügliche Negativ-Berichte umzuschreiben oder auf mysteriösen Pfaden verschwinden zu lassen, möglichst mitsamt deren Verfassern. Wir können daher annehmen, dass die vorliegenden Werte auf tatsächlichen Beobachtungen beruhen. 5°C zusätzliche Wärme klingt in einer Landschaft mit Durchschnittstemperaturen deutlich unterhalb des Gefrierpunkts nicht gerade spektakulär, doch der Teufel steckt im Detail. Blöderweise scheidet sich das Schicksal von Wasser exakt in diesem Temperaturbereich. Das merke ich als Radprofi, wenn im Winter die Straßen ordentlich durchgesalzen werden und ich bei -7°C ordentlich Salzwasser an der Kette kleben habe. Und was macht dieses brunstdumme Wasser, das Treibhausgas-motiviert von den arktischen Gletschern schmilzt? Es animiert die umliegenden Eismassen, gleich mit sich fort zu schwimmen. Ab in den Süden, wo noch Eiswürfel gebraucht werden.
Leider führen alle Oberflächenströmungen zu den Polen hin und Gefrorenes kann aufgrund seiner Dichte nicht absinken. Das haben im vergangenen Jahrhundert irgendwelche Physiker so festgelegt. Daher müssen sich festes und flüssiges Wasser gleich wieder trennen. Das verbleibende flüssige Wasser wird natürlich traurig, ihm fehlt die wärmende Gesellschaft des Packeises und so wälzt es sich voll Sehnsucht im gleißenden Sonnenlicht, erwärmt sich ordentlich und animiert noch mehr Gletscher zum Abwandern. Ökologen sprechen hier von einer Kettenreaktion (Stichwort Albedo).

So, und nu?
Na gut, da verflüssigt sich also ein ganzer Kontinent, was machen wir daraus? In diesen Breiten lebt eh nicht viel. Ein paar Wale und Fische und ein arktisches Nahrungsnetzwerk. Und Vögel. Und diverse Robben. Und noch mehr Vögel. Und Eisbären. Und noch viel mehr Vögel. Aber das war?s auch schon. Mal abgesehen von den marinen Oberflächenalgen, die Heerscharen von Plankton ernähren, die wiederum die Basis der Fischschwärme unserer Nordhemisphäre bilden. Bis auf zahlreiche wandernde Vogel- und Säugetiergruppen, die allesamt auf das Packeis angewiesen sind und abgesehen von der Nahrungsgrundlage für ein globales Ökosystem ist demnach in arktischen Gewässern nichts los.

Ein anderes Thema ist die Legende vom Nordatlantikstrom. Der soll nach Angaben exzentrischer Forscher die Möglichkeit haben, bei einem bestimmten Temperatur-Salinitäts-Verhältnis einfach seine Aktivität einzustellen. Wissenschaftler nennen dieses Phänomen Schwellenwert. Derzeit arbeiten führende Kohlekraftwerk-Betreiber, LKW-Fahrer und Rindviehbesitzer fieberhaft an einer experimentellen Auslotung dieses Grenzwerts. Die Industrie hat zudem in den Achtzigern mit der Erfindung des FCKW einen hervorragenden Beitrag geleistet. Wie man anschließend den Nordatlantikstrom wieder in Gang setzt, um die Versorgung Europas mit Wärme und Nährstoffen zu sichern, ist weitgehend unbekannt. Aber hey, immer der Reihe nach. Immer nur ein Problem und bitte nicht drängeln!

Gab?s das nicht schon früher mal?
Ja, ich erinnere mich. Es war gegen 900 n. Chr., da stiegen die Temperaturen in Europa um 0 bis 2°, lokal auch mal ein bisschen mehr. War eigentlich keine große Sache. Verschiebung der Anbaugebiete, Versteppung, Stürme, Dürren, all dieser populistische Kram. So etwas gibt es ja heute in den Nachrichten nicht mehr. Außerdem waren wir seinerzeit so geschickt, dass wir mangelnde klimatische Qualitäten durch überlegene Techniken der Agrarkultivierung ausgleichen konnten. Denn glücklicherweise fiel die Warmphase zeitlich mit einer Agrar-Revolution zusammen. Früher war eben alles besser!

Wenn die paar Grad unsere bescheidene Population bereits verdoppeln konnten, was kann dann erst der dreifache Effekt bewirken? Eigentlich müssten wir die Erdbevölkerung unter den gegebenen Umständen noch einmal verdoppeln können! Stattdessen jammern alle herum, Land würde unfruchtbar und Menschen würden hungern. So ein Quatsch! Die paar Afrikaner und Asiaten und Südamerikaner versorgen wir doch locker mit unserem europäischen Überschuss. Nur eines ist merkwürdig: der Warenfluss funktioniert derzeit exakt in entgegen gesetzter Richtung. Mehr als zwei Drittel der weltweit angebauten Lebensmittel wandern in die Industrieländer während die Entwicklungs-rückständiger Gebiete mehr als zwei Drittel der Bevölkerung stellen. Das sieht mir fast nach Interessenkonflikt aus.

Ursache und Wirkung
Nehmen wir mal ganz pessimistisch an, das irdische Klima heize sich momentan auf. Gehen wir ferner davon aus, die ziemlich exakte Korrelation zwischen Temperatursteigerung, Bevölkerungsentwicklung und Industrialisierung sei nicht zufällig, sondern deute auf eine direkte Verbindung jener Kurven hin. Diese destruktive Grundeinstellung brächte uns zu der Überzeugung, dass eben jene Prognosen die von selbsternannten Umweltschützern vor dreißig Jahren getroffen wurden, und einen Kollaps der klimatischen Gesamtsituation heraufbeschworen, wirklich stimmen. Tun sie aber nicht! Seinerzeit wurde orakelt, die Arktis könnte bereits 2080 eisfrei sein. Doch aktuelle Modellierungen auf Basis der NOAA-Studie konnten glaubhaft machen, dass dieses Ziel schon 2030 erreichbar ist, wodurch jegliche Hysterie zu dieser Thematik völlig unbegründet erscheint. Noch ist einigermaßen unklar wie sich das zusätzliche freie Wasser nebst den verdrängten Tierarten, verschobenen Klimagürteln, umsalinierten Strömungssystemen, negativ korrigierten Anbauflächen und verhedderten Ökosystemen auf den einzelnen Menschen auswirken wird. Oder ob wir das Ganze jemals wieder umkehren können.

Gleichungen mit so vielen Unbekannten waren mir immer ein Gräuel, weshalb ich den schwarzen Peter der sozial vertretbaren Problemlösungsstrategie gern an Interessierte weiterreichen möchte. Meldet sich jemand freiwillig? Hab? ich mir gedacht.

NOAA
Global climate change, war, and population decline in recent human history
 
es auch vorgestern in den Nachrichten wieder mitbekommen. Das schlimme ist, man macht sich erst Gedanken, wenn es bekanntlich zu spät ist.
Ich mußte stellenweise echt lachen bei Deinen ironischen Vergleichen, obwohl ich dann gleich wieder ernst und gleichzeitig interessiert weiter gelesen habe.
Was muß noch alles passieren, das die Menschen endlich kapieren, das es Zeit ist , den Arsch hoch zu bekommen.
Vorallem auch Leute, die Ihre Positionen dafür nutzen könnten.
An sonsten schon mal Gummistiefel horten, bald werden einige Nasse Füße bekommen.
 
Ich hänge seit der Wende an diesem Thema. Mehr oder weniger.
Ich hab's mit Humor versucht und mit Ernst, auch mit Logik. Es hilft nix: Erfolge sind immer nur sehr schleppend sichtbar. Selbst wenn wir uns sofort auf das Wesentliche konzentrieren sollten, die nächsten 2° Temperaturanstieg sind uns sicher. Das Thema ist dumerweise 1) unbequem und 2) erst beim konzentrierten Fraufgucken sichtbar.

Dass die Winter milder, die Sommer länger und der Artenbestand eigenartiger werden, haben meine Eltern schon bemerkt. Aber dem entgegenzuwirken ist weit schwieriger, weil wirklich jeder Mensch in seiner eigenen kleinen Blase Selbstsucht gefangen ist. Es mögen oft kleine Egoismen sein, aber jeder leistet seinen Beitrag, leider in die falsche Richtung.
 
vollkommen Recht.
Der Einzelne hängt wirlich in seiner klinen Welt, versucht Tag für Tag ums Überleben zu kämpfen. Hier im westlichen und reichen Teil der Erde sicherlich wesentlich angenehmer als in den ärmlichen Ländern.
Dabei kommt es auf das Selbe raus.
Gerade die Reichen sollten anfangen etwas zu ändern.
Aber wie kann man aus dem System heraus , in dem man ein Teil ist, dem Ganzen entgegen wirken ?
Wo man doch wirklich jeden Tag im selben Trott hängt, nur um sich den ein oder anderen Wunsch erfüllen zu können ?Und am Ende wofür das Ganze ?
Ist schon echt pervers, wenn man bedenkt, das sich eh nichts ändern wird.....
 
Ich als Geowissenschaftler kann glatt behaupten, dass am Ende nichts von alledem irgendetwas bedeutet. In eintausend Jahren ist die Menschheit nicht mehr hier. Planet und Lebewelt schon. Trotzdem ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, dass wir alles zerstören was nicht zum unmittelbaren Umfeld gehört.

Eine Frage von Ehre, Mitgefühl und Verantwortung.
 
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