Krankenstation Straßenrand

Goemon

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Der Chef bereichert sich auf Kosten der Arbeiter, die Produktion steht still und die Sicherheitskräfte drohen jedem Gewalt an der nicht vollen Einsatz für seinen Boss Robert Mugabe aufbringt. Nun kündigt auch noch die Haus-interne Krankenversorgung ihren Dienst, denn auf eine so massive Seuche wie sie derzeit in Simbabwe grassiert, ist man einfach nicht vorbereitet. Nein, es geht nicht etwa die Grippe um, wie es in Mitteleuropa derzeit Mode ist. Weil Mugabe mal wieder an seinen Untertanen und ganz besonders an deren Versorgung gespart hat, erleiden jene nun ausufernde Brechreize in Folge einer ausgeprägten Cholera-Epidemie.

Wie die Versorgung von Simbabwes Einwohnern mit Nahrung und Trinkwasser aussieht, kann sich nach den Skandalen um Gewaltenteilung, Rassenhass, Wählerverfolgung, Siedlerverfolgung und ganz allgemeiner Ungerechtigkeit vermutlich jeder vorstellen. Und dass die Einnahme von dreckigem Trinkwasser allerhand Krankheiten auslöst, dürfte ebenfalls hinlänglich bekannt sein. Zählt man ein und zwei zusammen, ist die vorliegende Epidemie nur eine logische Konsequenz aus Mugabes Misswirtschaft. Der gottgleiche Präsident des Sklavenstaates zeigt sich jedoch großmütig und vergibt seinen Untertanen ihre Schwäche. Er hat sogar internationale Hilfe angefordert, um einige der Erkrankten in Reich der Lebenden zurück zu holen.

Die Fakten
Nun ist Cholera natürlich keine tödliche Krankheit. In der Regel bekommt der Patient ein Gegenmittelchen, nebst einem Löffel voll Antibiotika und kann schon bald wieder Nahrung verdauen wie ein sibirischer Schwarzbär. Blöd nur, wenn weit und breit keine Ärzte griffbereit sind und der geneigte Patient ohnehin so sehr geschwächt ist, dass ihn einige Tage des Hungers komplett ausmergeln. Eben so sehen Simbabwes Anwohnerschaften aber aus: ausgezehrt, geschwächt, anfällig für Immunschwächen jeglicher Art. Weit über 13.000 Menschen sind bereits erkrankt, über 600 gestorben. Weitere folgen, denn so schnell kann man ein ganzes Volk nicht behandeln, zumal die beginnende Regenzeit die Krankheit zur weit reichenden Seuche ausdehnen kann. Die Landesgrenzen hat das Debakel bereits ungefragt und unversteuert passiert. In Botswana und Südafrika liegen die Menschen teilweise am Straßenrand, den Tropf an einer Astgabel drapiert, weil die Krankenhütten völlig überfüllt sind.

Begrenzte Einsicht
Hilfsorganisationen und Entwicklungsministerien kratzen momentan kräftig Gelder zusammen, um einen afrikanischen Bevölkerungsgau zu verhindern, wobei Mugabe sogar versprach, freiwillige Helfer ihre Arbeit tun zu lassen. Schließlich gibt es nur einen der in Simbabwe das uneingeschränkte Recht hat, Menschen grundlos in den Tod zu treiben. Diese Macht wird sich Robert bestimmt nicht von irgendeiner dahergelaufenen Durchfallkrankheit abnehmen lassen?

Angesichts von Zehntausenden Cholera-Opfern hat Robert Mugabe jedoch in einem Augenblick des Weitblicks den Notstand über Simbabwe verhängt. Zu spät, meinen die Nachbarn, Kommunikationspartner, Bündniskontinente, Geldgeber, ja, eigentlich die ganze Welt. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll es bereits bei einigen Dutzend Cholera-Verseuchten möglich sein, eine beginnende Epidemie zu diagnostizieren. Mugabes Einsicht kommt demnach mindestens einen Monat zu spät.

Maßnahmen anderer Natur
Und schon werden die Stimmen lauter, fordern die endgültige Entmachtung des greisen Generals. Kenias Präsident Raila Odinga propagierte gegenüber der BBC: "Die Machtteilung in Simbabwe ist tot und wird mit einem Diktator, der nicht wirklich daran glaubt, nicht funktionieren." Weltweit kritisieren Organisationen die Informationsarmut bezüglich südafrikanischer Krankheitswellen. Condoleezza Rice, Außenministerin der USA, drückt das Geschehen ein wenige freundlicher aus: "Es hat eine beschämende Wahl gegeben und danach eine beschämende Teilung der Macht. Jetzt erleben wir den humanitären Preis dafür." Selbst Desmond Tutu fordert den Sturz des selbst verwaltenden Patriarchen, notfalls auch mit militärischer Hilfe.

Mooment, jetzt mal langsam! Desmond Tutu ist Südafrikaner, Friedensnobelpreisträger, Lehrer und Erzbischof. Er setzt sich ein wo immer afrikanisches Unrecht geschieht, predigt dabei aber stets Gewaltfreies Vorgehen. Er übt mittels seines Standes und seiner Gabe andere Menschen von der Gerechtigkeit zu begeistern auf die Üblen der Erde politischen Druck aus. Kurzum: Desmond Tutu steht für eine Gesellschaft des Friedens und der Brüderlichkeit. Und eben jener Mann spricht sich nun für eine konsequente Entmachtung Mugabes aus, wohl wissend, dass es bei einem erzwungenen Sturz definitiv Tote geben wird. Demokratisierung um jeden Preis!? Das klingt sehr nach Revolution und passt zu dem inzwischen 77-jährigen Friedensstifter wie der Kebab zum Rotwein. Die politische Lage muss schon extrem Anwohner-feindlich sein, wenn die diplomatischen Ansichten dermaßen eskalieren!

Hinter dem Tellerrand?
Auf jeden Fall scheinen die unmittelbaren Nachbarn nun zu begreifen, warum die "afrikanische Lösung" im Fall Mugabe nicht wirkt. Seit den ersten Unruhen und militärischen Verfolgungen freier Wähler durch staatliche Truppen zu Beginn des Jahres hielt sich die afrikanische Staatengemeinschaft zurück und hoffte, das Problem würde sich irgendwie von alleine lösen. Auch als die Regierungspartei ganze Dörfer entwurzelte war aus der Nachbarschaft nur verhaltenes Murmeln zu hören, schließlich ging es immer nur um ein paar Hunderttausend Menschen, die meisten davon sogar völlig Fremde. Nun ist endlich ein Phänomen eingetreten das allen umliegenden Gebieten begreiflich macht, wie wichtig Völkerverständigung und Zusammenarbeit sind. Dem traurigen Anlass folgt demnach eine spektakuläre Erkenntnis: wir sind nicht allein! Wenn nun vielleicht sogar förderliche Taten folgen, kann man Cholera beinahe als Erlöser betrachten. (Man soll ja immer auch die Vorteile sehen.)
Demontierendes Defizit
Robert Mugabe, der senile Diktator hat indes ganz andere Sorgen zu bewältigen: seinem Geld geht der Wert aus. Die Inflation des Simbabwe-Dollars stagniert zwar momentan bei etwa 231 Millionen Prozent, doch einige Experten sprechen von vier- bis fünffachen Wertverlusten. Gestern brachte man daher ein paar Tonnen neuer Geldscheine in Umlauf, die mit ihrem Zahlwert von jeweils 10, 50 und 100 Millionen Simbabwe-Dollar den Zahlungsmittelverkehr erleichtern sollen. Als erster Erfolg sprangen die Endverbraucherpreise kräftig in die Höhe, so kostet zum Beispiel ein Laib Brot nicht mehr nur 2, sondern satte 35 Millionen. Tja, so richtig vorteilhaft klingt das auch nicht! Aber Mugabe wäre nicht Mugabe, wenn er auf dieses Dilemma nicht angemessen reagiert hätte. Die 200-Millionen-Note befindet sich bereits im Druck und wird schon bald für wirtschaftliche Stabilität sorgen. Na, wenigstens schiebt man somit Geldfälschern einen wirksamen Riegel vor. Bei derlei Verlusten kann sich das Kopieren staatlicher Banknoten niemals rentieren!
 
Man möchte immer gern was dazu sagen, aber im Prinzip ist ja alles sehr gut erklärt^^ Naja, eins noch: So ein 100 Mio. Euro-Schein wäre auch mal praktisch^^ Btw... dieser Desmond könnte ja eigentlich das Amt des Tyranns Mugabe einnehmen. Wäre sicher ein guter Mann dafür, oder? ;)

Bei einer Revolution, wie du sie angedeutet hast, wäre er sicher eine der Gesichter, die das ganze antreiben. Würde mich nicht wundern, wenn es so werden würde...
 
Schön wär's. Blöderweise hat Desmond Tutu, der quasi Afrikas Antwort auf Mutter Theresa darstellt, genug Arbeit damit, die Welt irgendwie zusammen zu halten.
Ich will jetzt nicht unsensibel erscheinen, aber die Cholera hat einen wundervollen Beigeschmack. Ganz Europa stimmt inzwischen für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Simbabwe, vor einem Monat sah das ganz anders aus. Aber zu dem Zeitpunkt blieben die Probleme halt zum größten Teil im Land.
 
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