nezu no ban o suru ???????

M

mayaku

Gast
Das Blut rauschte in seinen Ohren und schwarze Schlieren zogen vor seinen Augen auf. Der Krach um ihn herum war unglaublich laut. Er konnte einzelne hysterische Stimmen heraushören, die laut kreischend näher kamen und an ihm vorbeizogen und einmal hörte er auch eine Sirene jaulen, doch die meiste Zeit konnte er sich nicht auf einzelne Geräusche konzentrieren. Wie lange er schon hier stand konnte er nicht sagen, aber er konnte den Rauch auf seiner Zunge schmecken und Feuer knistern hören.
Er schloss die Augen und versuchte, sich auf seinen Körper zu konzentrieren. Die verschiedenen Zentren heißen Schmerzes irgendwie zu beruhigen, stellte sich vor, er würde in Gedanken liebevoll auf seine geschundenen Muskeln einreden.
Er drohte in Ohnmacht zu fallen und das musste er auf jeden Fall verhindern. Er hatte nicht mehr viel Zeit von hier weg zu kommen und wenn er das Bewusstsein verlor, würde er es nicht mehr schaffen, er würde versagen.
Langsam wurden seine Sinne wieder klarer und er blickte an sich herunter.
Sein rechter Arm war wohl gebrochen und mit seiner Schulter schien auch etwas nicht zu stimmen. Sein einstmals weißes T-Shirt war mit Blut und Schmutz besudelt und hing in Fetzen. Er presste den schmerzenden rechten Arm so gut es ging an seinen Körper und wechselte das Katana in die linke Hand.
Der Griff schmiegte sich fast zärtlich in seine Handfläche. So würde es gehen.
Das Wakizashi konnte nicht weit von ihm irgendwo auf dem Boden liegen, doch genauso gut hätte es sich auf dem Mond befinden können. Er musste es zurück lassen. Er konnte jetzt nicht danach suchen, denn er wusste nicht einmal, ob ihn sein Katana überhaupt noch etwas nutzte. Er verscheuchte diesen Gedanken und konzentrierte sich auf seine Umgebung.
Er stand ziemlich wackelig in einer Ecke neben der Herrentoilette dieser Ebene.
Die Menschen, die am Bahnsteig gestanden hatten, rannten an ihm vorbei. Viele waren verletzt und viele Frauen weinten und schrien aus Leibeskräften. Andere starrten nur apathisch und blass mit offen stehenden Mündern vor sich hin und schienen nicht zu wissen, was sie tun sollten. Gesichter, weiß wie Schnee.
Ein paar Meter vor ihm war ein Kiosk in Brand geraten. Die aus dem Feuer geborenen schwarzen Wolken waberten an der Decke entlang hinauf zu nächsten Ebene.
Von dort stürmten plötzlich einige Feuerwehrmänner die Treppen herunter. Er musste los. Es wurde allerhöchste Zeit. Er machte einen ersten zögerlichen Schritt und ihm wurde sofort wieder schwarz vor den Augen, doch irgendwie schaffte er es die Balance zu halten und nach einigen weiteren zögerlichen Schritten wurde es besser, bis er schließlich begann locker los zu laufen.
Er musste den anderen Ausgang erreichen, der hinauf auf die Ginza führte. Es gefiel ihm überhaupt nicht, auf diese belebte Geschäftstrasse zu gehen, aber er musste zum Daitokan. Die Bar war die einzige Möglichkeit um Hilfe zu finden.
Er sah den Aufgang und hastete die Treppe hinauf. Er fiel unter den vielen Verletzten überhaupt nicht auf und niemand achtete auf das blutige Schwert, dass er jetzt in der linken Hand trug.
Die Menschen hatten besseres zu tun, als ihn zu beobachten.
Als er den nächtlichen Himmel über sich sah und die kühle Novemberluft ihn empfing, ging es ihm wieder ein Stück besser. Er orientierte sich kurz und wollte die Ginza hinab laufen. Doch er sah die vielen Sanitäter und auch Polizisten, die die verängstigten und verletzten Menschen in Empfang nahmen, die mit im aus der U-Bahnstation gekommen waren.
Mit der Polizei oder einem hartnäckigen Sanitäter wollte er es jetzt nicht zu tun haben. Er blickte sich noch einmal um und beschloss, dass eine kleine Nebenstraße links von sich entlangzulaufen, um so zum Daitokan zu gelangen. Dem Trubel zu entkommen wäre so viel leichter. Er macht sich auf den Weg.
Die kleine Gasse verlief relativ parallel zur Ginza, war aber im Gegensatz zu ihr völlig menschenleer und kaum beleuchtet. Es war ein seltsames Gefühl nach all dem Chaos zuvor nun plötzlich eine so dunkle stille Schlucht zu betreten, aber er verdrängte seine Gefühle. Sein Arm begann wieder zu schmerzen und auch seine Schulter pochte.
Als er gerade überlegte, ob er eine kurze Pause machen sollte, wurde ihm der Kopf abgeschlagen.

Blätter im Wind, Kälte auf der Haut.
Schwarze Augen blicken voller Tränen und sehen den Mann, der tötet.
Leise hallen seine Schritte auf dem Asphalt der Stadt. Die Stadt, die sich wie ein Monster immer tiefer ins Meer frisst.
Die Gestalt hinterlässt Spuren aus Blut und hinterlässt zerbrochene Seelen. Manchmal sammelt die Gestalt glitzernde Scherben, eine für jede Tat, ein Stück des Irrsinns, für jedes Menschenleben.
Ein Lachen ertönt, kalt wie der Wind auf der Haut.
Die Tränen erfüllen die Welt, nehmen ihr die Wahrheit, alles kann nur eine Lüge sein und überall klebt nur Blut.
Die Gestalt beugt sich über mich und er flüstert in mein Ohr.
"Der Tod ist mein Gefährte, nun ist er auch der Deine."
Ich rieche kalten Zigarettenrauch und fühle eine Hand, die in einem Lederhandschuh steckt, auf meiner Wange.
"Ich steige in Anmut herab
in den Armen des Todes
gefangen in einer Sphäre der Stille
manchmal erinnere ich mich auch des Lebens
doch werden wir uns
schließlich wiedersehen,
wir alle,
dann könnt ihr mich richten!"
Ich fühle nichts mehr, keine Angst, nur Verwunderung, über die Stille, die plötzlich in der Stadt herrscht, dann fühle ich doch etwas. Den kalten Stahl an meiner Schläfe. Ich wusste es, er musste mich töten.
Ich höre noch den lauten, schrillen Knall, dann bin ich weg.
Die Gestalt betrachtet die Leichen. Eine nach der anderen. Die Gestalt sollte nur einen töten, doch er tötete alle acht Menschen, die vor ihm auf dem Asphalt liegen.
Blut fließt in Rinnsalen aus ihnen heraus, ihre Gesichter wirken so friedlich.
Die Gestalt entzündet eine Zigarette und verschwindet aus der großen Stadt, von der Insel, aus seiner eigenen Existenz.

Es ist kalt hier oben. Der Wind bläst mir ins Gesicht und meine langen Haare, die schon vor ein paar Tagen hätten gewaschen werden müssen, flattern im Wind, wie ein unbeachteter Fetzen Stoff.
Meine Lippen sind so fest zusammen gepresst, dass sie nur noch aussehen wie ein dünner Strich aus dem ein fast auf den Filter herunter geglühte Stück einer Gitane ragt.
Kaum habe ich an der Zigarette gezogen, das meiste hat der wütende Wind davon getragen. Doch es ist mir egal.
Das Rauchen an sich ist nur ein Alibi, eine Tätigkeit, der ich zum Schein nach gehe, in Wirklichkeit starre ich in den Abgrund.
Weit unter mir gähnt er, doch er ist nicht müde.
Unten auf der Straße rasen Autos entlang und hasten die Menschen dieser Stadt scheinbar ziellos umher.
Es ist Nacht. Ich bin hier oben allein.
Streng genommen dürfte nicht einmal ich hier sein.
Das Dach des Wolkenkratzers war nie dafür gedacht, dass man hier oben steht und mit welchen Motiven auch immer, die Aussicht betrachtet.
Die Absperrungen ringsherum sind nur ein fadenscheiniges Zugeständnis an irgendwelche Bauvorschriften, die sicher sowieso kaum eingehalten wurden, als die Yakuza das Gebäude errichten ließ.
Natürlich haben sie das nie. Niemals offiziell.
Ich selbst hörte auch nur aus Gerüchten von dieser Geschichte, dass der Yakuza das ganze Viertel hier gehöre.
Ein gänzlich dröges und langweiliges Einkaufsviertel der unteren Mittelschicht, weit ab von den pulsierenden Gegenden der Ginza, Takeshita-dori oder Kabuki-cho, wo entweder Geld, Kreativität, Sex oder alles zusammen im Überfluss zu finden ist.
Aber dennoch gibt es diesen einen magischen Ort hier. Oben auf dem Dach, über der 76sten Etage.
Für die Verhältnisse dieser Stadt ist es ein recht kleines Gebäude, doch dieses hat einen blinden Fleck.
Hier, wo ich sitze, direkt an der Absperrung, direkt über dem Abgrund.
Ich sitze mitten drin im blinden Fleck. Keiner kann mich sehen, ich hingegen kann viel mehr sehen als sonst.
Im blinden Fleck kann ich sehen. Beuge mich weit vor, werde von dem Abgrund aufgesaugt. Er nimmt sich alles von mir, ich glaube immer, dass ich gleich Falle und die Welt sich dabei dreht.
Doch noch will der Abgrund mich nicht. Er spielt mit mir, lächelt mir zu, schickt den Wind.
P.s.: Japan ist ein schönes Land...und von dort kommen viele schöne Filme...und viele gute Autoren...
 
Es gelingt Dir mit Deiner Erzählung sehr gut die Atmosphäre einzufangen, was man aus Filmen von Fernost kennt; auch fühle ich mich an Metal Gear Solid IV, "Kiss of the Dragon" und "Romeo must Die" erinnert.

Besonders gefällt mir u.a. diese Passage:

"Die Gestalt hinterlässt Spuren aus Blut und hinterlässt zerbrochene Seelen. Manchmal sammelt die Gestalt glitzernde Scherben, eine für jede Tat, ein Stück des Irrsinns, für jedes Menschenleben."

Irrsinn trifft es sehr gut.

5/5
 
das ist wirklich sehr schön geschrieben, keine Frage. Trotzdem...es ist einfach nicht meins so allein gelassen zu werden...iwie. Es liest sich wie ein Teil eines Ganzen und mir bleibt iwie ein bissi der Sinn verwehrt...

Also so nach der Art "Was will sie uns damit sagen? Worum gehts hier?"
Ich hab echt keine Ahnung...

Und mit Japan kann ich auch net viel anfangen.^^

Aber weils so schön geschrieben ist (sicher mit das beste was man hier je lesen wird meiner Meinung nach) gibts natürlich 5 Sternderln. Alles andere wäre Fail, auch wenn ich jetzt nicht sooo viel damit anfangen kann. Aber manchmal muss man halt auch ein bissi den persönlichen Geschmack hinten anstellen und zumindest versuchen objektiv zu sein...
Warum ich das jetzt hier hinschreib? Ich hab keine Ahnung. Bin eh schon ruhig... xD
 
Sehr schön geschrieben und vor allem UMschrieben.
Gibt es denn dazu eine Vorgeschichte bzw. eine Fortsetzung ?
 
Ist auch irgendwie ein Teil von etwas Größerem...nur ist das Große zu groß, um hier gebloggt zu werden, daher habe ich nur mal einen Teil hier gelassen...

Aber freut mich, wenn's gefällt, vielleicht kommt dann doch mal das Ganze her. Oder ich stelle es an passenderer Stelle komplett rein und es gibt dann einen Link. Oder so.

;-)
 
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