Passion

ElPleito

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Ich habe eine Freundin, die ist Cheerleaderin. Nicht so eine verwöhnte Schlampe, wie man sie aus Hollywood kennt, sondern eine richtige Cheerleaderin aus Leidenschaft. Sie ist mit ganzem Herzen dabei und solange ihr Partner dabei ist, macht sie überall und sobald sie kann Figuren aus dem Nichts heraus. Sie liebt es mit jeder Faser ihres Seins und das sieht man ihr an.

Dann sind da noch meine Freundin und ihre Geschwister.
Meine Freundin singt ebenso gerne, wie die Cheerleaderin ihre Figuren macht. Überall und jeder Zeit. Und sie ist verdammt gut darin. Sie singt jeden Amateur an die Wand, den ich kenne und ist noch lange nicht am Ende ihres Könnens angekommen. Wenn sie weiter macht, wird sie noch ganz groß.
Auch ihr Bruder ist ein Talent, der seinesgleichen sucht. Seit er vier Jahre alt ist, spielt er Schlagzeug. Ich denke im Kreis Neubrandenburg ist er kaum zu toppen. Und falls doch, dann nur, weil er im Moment nebenbei noch Klavier spielt.

Ich habe auch einen Freund, der ist ein Läufer, wie ich ihn so noch nie erlebt habe. Er brach in der Schule einen Langstreckenrekord nach dem anderen und selbst andere Leichathletik-Diziplinen waren vor seinen Glanzleistungen nicht gefeit. Demnächst läuft seinen ersten 100-Km-Lauf mit und nimmt am Fishermen's Friend Strongman teil. 100 Km! Ich pfeife schon nach einem Kilometer aus dem letzten Loch.

Es fällt mir manchmal schwer, diesen Leuten bei ihrem Hobby zuzusehen. Sie alle machen etwas aus purer Leidenschaft. Sie führen vor und werden ihrer Leistungen wegen bewundert.
Ich hingegen habe so etwas nicht. Ich bin ein typischer Allrounder. In der Schule war ich immer ein 3en-Schüler. Mein ABI habe ich auch mit 3,0 beendet. Ich mache Kendo, machte Karate, Taek-Won-Do, Wing Tsu, Tischdennis, Fußball, Volleyball und versuche mich seit Jahren an der Fotografie.
In allem bin oder war ich gut, aber nicht auffallend gut. Ich kann vieles, aber immer nur im absoluten Mittelmaß und nie in dem Sinne, wie es meine Freunde mit ihrem Hobby können. Ich kann nicht auftreten und dafür Lob und Anerkennung ernten. Nein, denn ich gehe generell in der Masse unter. Weil ich nur so gut, wie der Durchschnitt bin.

Aber ich habe noch eine Leidenschaft. Das Schreiben.
Das tolle am Schreiben ist, dass ich lediglich einen Stift und ein Blatt Papier benötige und dann sofort loslegen kann. Natürlich kann ich auch mit diesem Hobby nirgends auftreten. Ich kann keine Show liefern, wie ich es oft gern täte. Wahrscheinlich werden mir nie Leute zu meinen Texten applaudieren. Wahrscheinlich werde ich niemals überhaupt ein Publikum haben.
Das sind Dinge, die ich vermisse.
Und trotzdem. Ich habe ein weißes Blatt Papier vor mir, einen Stift in der Hand und ich werde zu einem anderen Menschen. Ich kann mich treiben lassen, ich drücke mich plötzlich anders aus, als sonst. Ich bringe Gedanken und Ansätze zu Papier, die ich vorher nicht einmal erahnt habe.
Ich liebe das geschriebene Wort und zolle ihm jedes Mal aufs neue meinen ganz eigenen Tribut. Die Form eines jeden Buchstaben, die Tinte auf dem Papier, die noch nicht ganz trocken ist, die schiere Endlosigkeit eines gedruckten Universums in meinen Händen, wenn ich ein neues Buch zu meinen unzähligen schon vorhandenen stellen kann, die unbegreifliche Vielfalt und das unvorstellbare Alter des Wortes, das jemand schrieb. Das alles ist in mir, wenn ich den Stift in die Hand nehme und mit diesem großartigen Werkzeug mein eigenes Werk schaffe, das mir auf ewig niemand mehr nehmen kann und mit dem ich mich in die Universen der Schrift einordnen kann.
Der Stift ist meine Waffe. Mein Schwert, mein Schild, meine Kondition und auch mein Intrument.

Ich weiß nicht, ob ich mit meiner Arbeit heraussteche, wie die Personen, die ich oben erwähnt habe. Einige sagen ja, andere nein.
Aber ich weiß nun, was meine Passion ist. Meine ganz eigene.
Mit der ich die Welt formen kann.
Und vielleicht sogar verändern.

(aus meinem Weblog
 
Qualität hat nichts mit Masse zu tun.
Sonst wäre jeder Schmier-Zeitungs-Reporter besser wie du.
Dem ist aber nicht so.
Deine Texte sind gut, auch wenn nur wenige daran Anteil nehmen.
Gruss
Alexboy!
 
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