Seehofer lässt die Bombe platzen

Goemon

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Bayerns Ministerpräsident und Parteivorsitzender der CSU zeigt sich besorgt über die wirtschaftlichen Konsequenzen der momentan angestrebten Klimaziele der europäischen Union. Jene sieht vor, bis 2012 eine Obergrenze von 120 g/km CO2-Ausstoß für alle Neuwagen einzuführen. Wer den Grenzwert überschreitet solle zunächst 20 Euro je Gramm Strafezahlung leisten, bis 2015 jedoch 95 Euro pro Gramm. Damit würde eine BMW-Limousine in sechs Jahren gut achttausend Euro mehr kosten und ehrlich gesagt, bezweifle ich, dass der durchschnittliche BMW-Käufer sich dadurch abschrecken ließe. Momentan liegt der bundesweite Durchschnitt deutscher Neuwagen bei etwa 170 g/km und das auch nur, weil im städtischen Bereich jede Menge Smarts und VW-Kleinwagen abgesetzt werden. Man könnte nun meinen, dass sich Mercedes und BMW gar keine Mühe geben auf die sich seit langer Zeit ankündigenden Ziele der EU einzugehen, aber Bayerns Horst Seehofer zeigt uns deutlich, dass sich die Industrie eigentlich in der Opferrolle befindet.

So meinte er am Wochenende gegenüber der ARD: "Wir sind für Klimaschutz, aber wir wollen durch eine überzogene Reglementierung nicht die Arbeitsplätze in Bayern gefährden." Hört, hört! Wenn das mal nicht weitsichtig und global durchdacht ist. Bereits vor einer Woche hatte sich Seehofer auf dem Arbeitgebertag in Berlin für eine Minderung des Klimaschutzes eingesetzt: "Grüne Arbeitslose nützen uns nichts [?] Wir brauchen die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie."

Ist das nicht nett? Vergesst den Klimawandel! Die grüne Zukunft lasset fahren! All die Vorstellungen unserer populistischen, zukunftsorientierten Gegensprecher sind nichtig, die Wahrheit liegt hier, in der Heimat der Weißwurst! Denn nichts geht über Arbeitsplätze in der bayrischen Automobindustrie.
Gegenstimme
Renate Künast, Kanzlerkandidatin der Grünen, sprach hierzu: "Wer jetzt Geld ins Alte investiert, wer jetzt wieder mit beiden Beinen auf der Bremse steht und die festhält, tut vielleicht jetzt manchem von der Denke her einen Gefallen, aber wer kauft denn die Autos hinterher? Keiner!"

Moment mal, soll das heißen, der globale Markt ist trotz steigender Benzinkosten und gehobenen Umweltbewusstseins nicht am Erwerb alter CO2-Schleudern interessiert? Das überrascht mich jetzt schon etwas, gerade da laut repräsentativen Umfragen der deutsche Durchschnittsbürger seit über fünf Jahren den Umstieg zum sparsameren PKW sucht, was mit Blick auf die neuen Feinstaub-Plakettenverordnungen und stetig kletternden Rohölpreisen auch irgendwie nachvollziehbar klingt. Das hieße doch aber, wir würden uns nicht nur der Entwicklung neuer Kraftfahrzeuge verwehren, wir würden sogar Ausschuss produzieren. Gesicherte Arbeitsplätze für gesicherte Absatzprobleme.

Bei allem Zynismus passt diese Einstellung nicht zur Rolle eines ehemaligen Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, andererseits passt es ausgezeichnet zur bisherigen Orientierung von Horst Seehofer, der ja gern die Agrarunternehmen bis zum Umfallen subventioniert, ganz Deutschland zum Behufe des Feldbaus gerodet und am liebsten den Tierschutz aus dem deutschen Gesetzbuch herausgestrichen hätte. Wo genau ist eigentlich der Verbraucherschutz zu finden, wenn man die Herstellung von Produkten befürwortet, die der Verbraucher gar nicht haben will? Die meisten Bundesbürger können sich doch eh keine frische Mercedes-E-Klasse leisten. Warum also sollte man das Zeug weiter herstellen? Sorry, mir fällt?s gerade nicht ein.

Gemeinschaftsentscheid
Die EU jedenfalls knickt deutlich ein. Bis 2012 sollen nur zwei Drittel aller Neuwagen den Durchschnitt von 120 g/km erfüllen, bis 2015 gilt diese Regelung für alle. Von Strafzahlungen wird vorerst gar nicht mehr geredet. Zwar ist die Ausführung weiterhin Sache der Staatsregierungen und Angela Merkel versäumte auch gestern beim deutsch-französischen Gipfeltreffen erneut einen Konsens dieses Themas mit Le President Sarkozy auszudiskutieren, doch stehen die Zeichen vorerst deutlich auf Fehlstart. Seehofer wird einmal mehr seinen Rollen als Bayer, Spaßmacher, Entwicklungsbremse und sprechende Klimakatastrophe gerecht. Als ob Bayern noch zu retten wäre?

Seehofer in der Tagesschau
 
umweltschutz in ehren, aber die strafzahlungen sind doch etwas übertrieben...

es gibt genug leute, die sich keinen neuwagen leisten können und nur mehrere jahre alte gebrauchtwagen fahren. dann müssen die auch noch strafe dafür zahlen...?

Aber das Bayrische prinzip "um uns herum die Sintflut" gefällt mir auch nicht
 
gerade deswegen kümmert's den ohnehin ärmeren Bürger überhaupt nicht. Gut, gebrauchte BMWs werden dann freilich auch teurer. Aber auch das juckt wiederum nicht den Durchschnitts-Angestellten.

Otto-Normalverbraucher knabbert eher an Rußpartikelfilter und der allmählichen Steuerumstellung auf CO2-Normen. Das geht zugegebenermaßen ordentlich ins Geld und dürfte noch für einige Diskussionen sorgen. Ich habe beide Seiten kennen gelernt, aber bislang überwiegen ziemlich deutlich die Anti-Schadstoff-Argumente. Berlin mit Atemmaske zu befahren, wie in Peking im Sommer oft üblich, mag ich mir nicht vorstellen.
 
Ich werde mir auch so bald keinen Neuwagen kaufen und eher die Strafsteuer für meinen alten Diesel hinnehmen (immerhin nach Nachrüstung vor bereits 10 Jahren auf Euro 2 hochgestuft), solange ich aber nicht weiß, ob eine Rußpartikelfilternachrüstung sich länger als nur ein Jahr lohnt (einige Städte wollen die Rote und Gelbe Plakette ab 2009 bzw. 2010 abschaffen und nur Fahrzeuge mit Grünen Plaketten in die Umweltzonen lassen).

Ich habe mir damals einen Diesel gekauft, weil ich bei meinem Nebenjob als Taxifahrer von den Mercedes-Diesel begeistert war - und weil die deutlich sparsamer waren als die Benziner. Und heute werde ich für diesen Gedanken bestraft... Ich versuche bereits seit 5 Jahren einen Rußpartikel-Nachrüstsatz zu bekommen - der Gesetzgeber hatte aber keine Grenzwerte festlegen können, so dass sich kein Hersteller fand. Und nun soll alles auf einmal passieren, alte, sparsame Autos werden ausgesperrt, damit man neue Spritfresser mit Uralttechnik kauft...

Mein Wagen stößt (leider) immer noch etwa 190 g/km CO2 aus... Aber deutlich weniger, als wenn ich einen gleichwertigen Benziner holen würde, der dann sogar eine Grüne Plakette bekommen würde...

Ich würde mir gerne einen moderne E-Klasse kaufen, bei meiner Marke Mercedes bleiben, aber ich möchte keinen Wagen kaufen, der in zwei oder drei Jahren wieder eine Strafsteuer, ein Fahrverbot oder sontiges bekommt - sparsamere oder neue alternative Antriebe müssen her.
 
soll ja sogar ganz gut dastehen im CO2-Vergleich. Diesel wird sich vermutlich nie wieder lohnen, da sich zu den Rußpartikeln bald auch der Gedanke an die mangelhafte Raffinierung gesellt.

Letztendlich muss man aber feststellen, dass Mercedes und BMW ganz übel gepennt haben als es um die Weiterentwicklung in umwelttechnischer Hinsicht ging. Daher wird sich dort auch in Sachen Nachrüstung nicht mehr viel tun, denn inzwischen ist man einfach im Zugzwang und muss die Verfahren die in der Schublade herumgammeln tatsächlich anwenden.

Aus meiner Erfahrung heraus spricht außer Komfort nichts für die Edel-Marken, denn selbst in Puncto Sicherheit hinken sie oft hinterher.
 
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