RoninXM
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Angeregt durch einige Kommentar zu den Uncut-News zu Metal Gear Rising: Revengeance (HIER) (Danke besonders an User GenX3601966) habe ich beschlossen, mich ein wenig mit dem leidigen Thema Zensur in Deutschland auseinander zusetzen.
Mit 18 Jahren ist man in unserem Land erwachsen und mündig. Niemanden dürfte es gefallen, von staatlichen Institutionen bevormundet zu werden. Was darf ich sehen, lesen, spielen?
Trotzdem findet Zensur statt.
Aber steckt dahinter vielleicht ein tieferer Sinn? Warum wird zensiert? Und wie entwickelt sich dieses komplexe Thema mit der Zeit weiter? Tut es das überhaupt?
Finden wir es heraus.
Prolog
Wir schreiben das Jahr 1998. Das Medium Videospiele ist erst knapp über ein Jahrzehnt alt, steckt also noch in den Kinderschuhen. Es ist das Jahr, in dem ein Meilenstein erscheinen wird: Half-Life.
Nach dem Lauschen berauschender Berichte von Freunden, entschloss ich mich, mir dieses Spiel Anfang 99 von meinem sauer ersparten Taschengeld zu kaufen. Zu damaligen Zeiten selbst als 12jähriger kein Problem.
Nach der Installation allerdings die Ernüchterung. Warum kämpfe ich gegen Roboter? Wo sind die Soldaten aus den Berichten? Die war meine erste Begegnung mit dem Thema Zensur.
Wofür wir heutzutage höchstens ein müdes Lächeln übrig haben (für heutige Verhältnisse armselig modell- und detaillierte Pixelfiguren verspritzen etwas rote Farbe), war damals Grund genug, die internationale Originalfassung gleich nach Verkaufsstart aus dem Verkehr zu ziehen.
Aber drehen wir die Uhr um ca. 50 Jahre zurück. Der Fernseher wird massentauglich. Sender und Unterhaltungssendungen entstehen. Für viele ältere Menschen ein "Skandal", eine "Verdummung der Jugend". Man solle doch lieber Radio hören.
Gehen wir nun noch mal einige Jahrzehnte zurück. Das Radio erobert die Massen. Stimmen und Musik ertönen aus einem Holzkasten. Teufelszeug! Dachten zumindest die Älteren.
Dies lässt sich endlos weiter führen. Nicht nur im Bereich der Erfindungen. Ob nun Elvis, die Beatles, die Stones, AC/DC oder Marilyn Manson. Mit ihrer satanistischen Musik verderben sie die Jugend.
Neuerungen sind suspekt und werden kritisch beäugt. So war es schon immer. Auch Bücher wurden schon aufgrund ihrer Inhalte verbrannt. Nicht nur im 3.Reich, schon viel eher.
Warum sollte es also bei Videospielen anders sein? Und nicht nur diese Tatsache verbindet Bücher und Spiele. "Index" und BPjS/BPjM werden wir noch später erläutern.
Rechtliche Grundlagen:
"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (?)Zensur findet nicht statt." Artikel 5 Abs.1 Grundgesetz
Warum also ist Zensur trotzdem möglich. Nun dieses Gesetz schränkt sich schon in Abs.2 selbst ein:
"Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre." Art.5 GG Abs. 2
Aha. Dieses Gesetz scheint also mit einem Anderen zu kollidieren. In unserem Fall dem Jugendschutzgesetz. Dieses umfasst neben dem Konsum von Alkohol und Tabak, sowie Aufenthaltsbeschränkungen an öffentlichen Orten auch den Umgang mit Medien.
Neufassung des Gesetzes / Zuständige Institutionen
Nach dem Amoklauf von Erfurt wurde im April 2003 eine Neufassung gültig.
Wichtigster Fakt: Medien müssen, wenn sie an Minderjährige verkauft werden sollen von der FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) oder USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) geprüft werden.
Diese Prüfung kann der Hersteller gegen Gebühr selber anweisen, muss er aber nicht. Allerdings wird dann jeder Titel ohne Kennzeichnung als Ab-18 behandelt, selbst wenn es sich dabei um "Barbies Ponyhof VII" handelt. Zusätzlich können diese Titel dann auch noch nachträglich indiziert werden.
Da USK/FSK seit der Novellierung nun bindend sind, ist es nun allerdings nicht mehr möglich, einmal geprüfte Titel zu indizieren. Allerdings dürfen beide Institutionen die Freigabe verweigern. Und hier kommt nun die freiwillige Zensur der Hersteller ins Spiel.
Dazu später mehr.
Die BPjS/BPjM und der "Index"
Zuerst zu den Begrifflichkeiten. Indizierung bedeutet in unserem Kontext die Aufnahme in ein Verzeichnis verbotener Werke und geht auf den Index Librorum Prohibiturum ,das Verzeichnis für Katholiken verbotene Bücher, zurück.
Zuständig für Indizierungen ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Diese ging aus der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) hervor. Hier haben wir wieder unseren Zusammenhang Bücher --- Videospiele.
Die BPjM wird allerdings nicht selbstständig tätig, sondern nur auf Antrag durch eine Organisation (z.B. Kirche) oder mehreren Privatpersonen.
Vor der Novellierung des Jugendschutzgesetzes galten Siegel der FSK/USK nur als Empfehlung, waren also gesetzlich nicht bindend. Wenn der Verkäufer also kein moralisches Problem damit hatte, konnte er durchaus einem 15jährigen einen 18er-Titel verkaufen.
Diese Unverbindlichkeit sorgte allerdings dafür, dass theoretisch auch Ab12-Spiele noch nachträglich auf Antrag bei der BPjM geprüft werden lassen konnten.
Da die Siegel nun verbindlich sind, ist dies nicht mehr möglich.
Das heißt im Klartext: es können nur noch Medien indiziert werden, die keine Freigabe durch die USK bekommen haben. Also z.B. Importversionen oder EU-Fassungen.
Die BPjM hat also viel von ihrem Schrecken verloren.
Prüfverfahren im Wandel
Grundsächlich werden Medien immer im Gremium bewertet. Dieses setzt sich aus Vertretern verschiedener gesellschaftlich relevanter Gruppen zusammen (Kirchen, Jugendverbände, Kultusministerkonferenz, aber auch der Branche selbst).
Wie verhält es sich nun bei der Sichtung eines Spieles? Natürlich ist dies umfangreicher als bei einem Film, den man einfach dem Gremium vorführt.
In den Anfangszeiten wurden Entscheidungen, egal ob USK oder BPjM noch relativ oberflächlich gefällt.
Ein Vertreter des Publishers erschien vor dem Gremium, spielte in der Regel 15-30min und Aufgrund des Gesehenen wurde im Gremium ein Urteil gefällt.
Meist ging es nur um den Anteil an Gewalt, Sexualität und ähnlichen brisanten Komponenten, ungeachtet des Kontextes im Spiel. War der Anteil zu hoch, war das Spiel ein Indexkandidat.
So konnte es also passieren, dass ein Half-Life (engl.) indiziert wurde, obwohl Gewalt nie allein nur um des Selbstzwecks Willens eingesetzt wurde, sondern den roten Faden der Geschichte bildet. Man kämpft um das Überleben, selbst gegen das Militär, die alle Zeugen beseitigen wollen. Gewalt als Triebfeder, nicht um sich daran zu ergötzen.
Mittlerweile ist allerdings das Medium Videospiel im Zentrum der Gesellschaft angekommen, woran auch Casual-Titel wie Angry Birds einen großen Anteil haben. Nicht nur pickelige, einsame Nerds spielen, nein, fast jeder spielt. Und zum Glück haben auch die Institutionen reagiert und sich angepasst.
Bei der USK gibt es nun sogenannte Sichter, quasi professionelle Spieler. Diese erhalten das Spiel, spielen es durch und verfassen einen detaillierten Bericht. Später präsentieren sie ausführlich das Medium einem Gremium. Das gezeigte wird in Kontext mit der Handlung und der Atmosphäre gebracht. Gremienmitglieder haben die Chance, das Spiel selbst anzutesten. Erst danach wird ein Urteil gefällt. Wenn vermutet wird, dass ein Spiel die Indizierungskriterien der BPjM erfüllt, wird das Alterskennzeichen verweigert.
Der Hersteller darf natürlich noch mal einen Antrag zur Prüfung stellen oder das Spiel anpassen (/zensieren) und es erneut vorlegen.
Ein hoher Gewaltanteil ist also lange kein Verweigerungsgrund mehr. Sich durch Leichenberge quälen (FarCry3) oder dutzende Gegner in SlowMo ins Jenseits befördern (MaxPayne3) ist möglich, solange Gewalt nicht verherrlicht wird. Gewalt zum Selbstzweck allerdings gilt als eine starke Jugendgefährdung.
Viele Spiele, die um die Jahrtausendwende auf dem Index landeten, würden nach jetzigen Maßstäben eine Freigabe bekommen. Als Beispiel MaxPayne 1 zu Teil 3. Hat die 3 selbst mit realistischen Todesanimationen und Einschusswunden eine Freigabe bekommen, so ist Teil 1 schnurstracks auf dem Index gelandet. Erst vor kurzem wurde MP1 nach erneuter Prüfung von der Liste gestrichen. DIe Prüfer gaben damals an, dass das Spiel nur dazu dient, so viele Gegner wie möglich zu töten. Die Motivation des Charakters war irrelevant.
Wird also weniger zensiert als vor 10 Jahren? Ja! Lara Croft braucht heutzutage kein blaues Blut mehr. Shooter, in denen man menschliche Soldaten zu hunderten tötet sind heute Massenware. Ein eigens für den deutschen Markt kreiertes Paralleluniversum (Soldier of Fortune 2) ist nicht mehr nötig.
Im Klartext: es zählt nicht mehr der Gewaltanteil an sich, sondern eher dessen Bezug zur Handlung und die Gefühle, die es auslöst. In SpecOps: The Line ist Gewalt etwas abstoßendes. Gewalt ist nicht schön.
Gewalt als Stilmittel, nicht als Hauptfeature.
Warum dann überhaupt Zensur?
Hersteller sind nicht gezwungen, zu zensieren. Sie tun es allerdings, um eine Freigabe zu erwirken. Manche zensieren sogar von vornherein, um nicht eine weitere Prüfung bei abgelehnten Titeln bezahlen zu müssen.
Allerdings sind die Bewertungskriterien der Institutionen realistischer geworden. Es ist nicht mehr so, als würde man seinen neuen PC seinem Uropa erklären wollen. Das Medium Videospiel ist in der gesellschaftlichen Mitte angekommen.
Die verbindlichen Kennzeichnungen der richtige Schritt. Indizierungen im Videospielbereich beziehen sich fast nur noch auf EU/Importware (=ungeprüft).
Und auch die Zensuren lassen nach. Viele waren überrascht, das Games wie Dead Space, Gears of War 3, God of War 3 oder Hitman:Absolution uncut erschienen. Vor wenigen jahren noch undenkbar.
Fazit
Und trotzdem: Zensur findet nach wie vor statt. Auch wenn meist nur als Vorsichtsmaßnahme des Publishers. Als mündiger Erwachsener möchte man natürlich das Produkt so erhalten, wie es gedacht war. Und durch Onlineshops hat man heutzutage zum Glück auch jederzeit die Möglichkeit dazu.
Man kann auch noch so sehr auf die staatlichen Institutionen schimpfen, man muss sich trotzdem eingestehen, dass sie mit der Zeit gehen.
Man darf nicht vergessen: USK und Co. sind nicht dafür da, uns zu ärgern, sondern um unsere Kinder zu schützen. Dafür hat der Staat eine Fürsorgepflicht.
Und wenn man sich heutzutage anschaut, wie mache Eltern ihre Kinder den ganzen Tag vor dem Fernseher parken, bin ich froh, dass nachmittags noch kein Jason Voorhees Menschen mit seiner Machete enthauptet.
Und zum Glück sind wir nicht die Einzigen. In anderen Ländern wird GTA wegen Nachahmungsgefahr verboten und in den USA ruft eine blanke Brust schon die wütende Meute auf die Straße.
Dann importier ich mir lieber ab und zu ein Spiel aus Österreich, doch diesen Schritt muss ich zum Glück immer weniger gehen.
Noch ein Tipp zum Schluss: eine gute Informationsquelle ist immer schnittberichte.com
Ich hoffe, ich konnte ein bisschen Licht ins undurchsichtige Dunkel der deutschen Kontrollinstitutionen bringen. Es hat sich in den letzten Jahren viel getan. Und wie einst der gute, alte Elvis ist auch unser schönstes Hobby nun kein Teufelswerk mehr, sondern etwas, das durchaus dazu imstande ist, Jung und Alt zu verbinden.
PS: Eventuelle kleine inhaltliche Fehler meinerseits bitte ich zu entschuldigen. Rechtschreibfehler und grammatikalische Faux-pas gehören dem Finder ;-)!
Quellen:
Usk.de
Bundesprüfstelle.de
Schnittberichte.com
Mit 18 Jahren ist man in unserem Land erwachsen und mündig. Niemanden dürfte es gefallen, von staatlichen Institutionen bevormundet zu werden. Was darf ich sehen, lesen, spielen?
Trotzdem findet Zensur statt.
Aber steckt dahinter vielleicht ein tieferer Sinn? Warum wird zensiert? Und wie entwickelt sich dieses komplexe Thema mit der Zeit weiter? Tut es das überhaupt?
Finden wir es heraus.
Prolog
Wir schreiben das Jahr 1998. Das Medium Videospiele ist erst knapp über ein Jahrzehnt alt, steckt also noch in den Kinderschuhen. Es ist das Jahr, in dem ein Meilenstein erscheinen wird: Half-Life.
Nach dem Lauschen berauschender Berichte von Freunden, entschloss ich mich, mir dieses Spiel Anfang 99 von meinem sauer ersparten Taschengeld zu kaufen. Zu damaligen Zeiten selbst als 12jähriger kein Problem.
Nach der Installation allerdings die Ernüchterung. Warum kämpfe ich gegen Roboter? Wo sind die Soldaten aus den Berichten? Die war meine erste Begegnung mit dem Thema Zensur.
Wofür wir heutzutage höchstens ein müdes Lächeln übrig haben (für heutige Verhältnisse armselig modell- und detaillierte Pixelfiguren verspritzen etwas rote Farbe), war damals Grund genug, die internationale Originalfassung gleich nach Verkaufsstart aus dem Verkehr zu ziehen.
Aber drehen wir die Uhr um ca. 50 Jahre zurück. Der Fernseher wird massentauglich. Sender und Unterhaltungssendungen entstehen. Für viele ältere Menschen ein "Skandal", eine "Verdummung der Jugend". Man solle doch lieber Radio hören.
Gehen wir nun noch mal einige Jahrzehnte zurück. Das Radio erobert die Massen. Stimmen und Musik ertönen aus einem Holzkasten. Teufelszeug! Dachten zumindest die Älteren.
Dies lässt sich endlos weiter führen. Nicht nur im Bereich der Erfindungen. Ob nun Elvis, die Beatles, die Stones, AC/DC oder Marilyn Manson. Mit ihrer satanistischen Musik verderben sie die Jugend.
Neuerungen sind suspekt und werden kritisch beäugt. So war es schon immer. Auch Bücher wurden schon aufgrund ihrer Inhalte verbrannt. Nicht nur im 3.Reich, schon viel eher.
Warum sollte es also bei Videospielen anders sein? Und nicht nur diese Tatsache verbindet Bücher und Spiele. "Index" und BPjS/BPjM werden wir noch später erläutern.
Rechtliche Grundlagen:
"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (?)Zensur findet nicht statt." Artikel 5 Abs.1 Grundgesetz
Warum also ist Zensur trotzdem möglich. Nun dieses Gesetz schränkt sich schon in Abs.2 selbst ein:
"Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre." Art.5 GG Abs. 2
Aha. Dieses Gesetz scheint also mit einem Anderen zu kollidieren. In unserem Fall dem Jugendschutzgesetz. Dieses umfasst neben dem Konsum von Alkohol und Tabak, sowie Aufenthaltsbeschränkungen an öffentlichen Orten auch den Umgang mit Medien.
Neufassung des Gesetzes / Zuständige Institutionen
Nach dem Amoklauf von Erfurt wurde im April 2003 eine Neufassung gültig.
Wichtigster Fakt: Medien müssen, wenn sie an Minderjährige verkauft werden sollen von der FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) oder USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) geprüft werden.
Diese Prüfung kann der Hersteller gegen Gebühr selber anweisen, muss er aber nicht. Allerdings wird dann jeder Titel ohne Kennzeichnung als Ab-18 behandelt, selbst wenn es sich dabei um "Barbies Ponyhof VII" handelt. Zusätzlich können diese Titel dann auch noch nachträglich indiziert werden.
Da USK/FSK seit der Novellierung nun bindend sind, ist es nun allerdings nicht mehr möglich, einmal geprüfte Titel zu indizieren. Allerdings dürfen beide Institutionen die Freigabe verweigern. Und hier kommt nun die freiwillige Zensur der Hersteller ins Spiel.
Dazu später mehr.
Die BPjS/BPjM und der "Index"
Zuerst zu den Begrifflichkeiten. Indizierung bedeutet in unserem Kontext die Aufnahme in ein Verzeichnis verbotener Werke und geht auf den Index Librorum Prohibiturum ,das Verzeichnis für Katholiken verbotene Bücher, zurück.
Zuständig für Indizierungen ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Diese ging aus der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) hervor. Hier haben wir wieder unseren Zusammenhang Bücher --- Videospiele.
Die BPjM wird allerdings nicht selbstständig tätig, sondern nur auf Antrag durch eine Organisation (z.B. Kirche) oder mehreren Privatpersonen.
Vor der Novellierung des Jugendschutzgesetzes galten Siegel der FSK/USK nur als Empfehlung, waren also gesetzlich nicht bindend. Wenn der Verkäufer also kein moralisches Problem damit hatte, konnte er durchaus einem 15jährigen einen 18er-Titel verkaufen.
Diese Unverbindlichkeit sorgte allerdings dafür, dass theoretisch auch Ab12-Spiele noch nachträglich auf Antrag bei der BPjM geprüft werden lassen konnten.
Da die Siegel nun verbindlich sind, ist dies nicht mehr möglich.
Das heißt im Klartext: es können nur noch Medien indiziert werden, die keine Freigabe durch die USK bekommen haben. Also z.B. Importversionen oder EU-Fassungen.
Die BPjM hat also viel von ihrem Schrecken verloren.
Prüfverfahren im Wandel
Grundsächlich werden Medien immer im Gremium bewertet. Dieses setzt sich aus Vertretern verschiedener gesellschaftlich relevanter Gruppen zusammen (Kirchen, Jugendverbände, Kultusministerkonferenz, aber auch der Branche selbst).
Wie verhält es sich nun bei der Sichtung eines Spieles? Natürlich ist dies umfangreicher als bei einem Film, den man einfach dem Gremium vorführt.
In den Anfangszeiten wurden Entscheidungen, egal ob USK oder BPjM noch relativ oberflächlich gefällt.
Ein Vertreter des Publishers erschien vor dem Gremium, spielte in der Regel 15-30min und Aufgrund des Gesehenen wurde im Gremium ein Urteil gefällt.
Meist ging es nur um den Anteil an Gewalt, Sexualität und ähnlichen brisanten Komponenten, ungeachtet des Kontextes im Spiel. War der Anteil zu hoch, war das Spiel ein Indexkandidat.
So konnte es also passieren, dass ein Half-Life (engl.) indiziert wurde, obwohl Gewalt nie allein nur um des Selbstzwecks Willens eingesetzt wurde, sondern den roten Faden der Geschichte bildet. Man kämpft um das Überleben, selbst gegen das Militär, die alle Zeugen beseitigen wollen. Gewalt als Triebfeder, nicht um sich daran zu ergötzen.
Mittlerweile ist allerdings das Medium Videospiel im Zentrum der Gesellschaft angekommen, woran auch Casual-Titel wie Angry Birds einen großen Anteil haben. Nicht nur pickelige, einsame Nerds spielen, nein, fast jeder spielt. Und zum Glück haben auch die Institutionen reagiert und sich angepasst.
Bei der USK gibt es nun sogenannte Sichter, quasi professionelle Spieler. Diese erhalten das Spiel, spielen es durch und verfassen einen detaillierten Bericht. Später präsentieren sie ausführlich das Medium einem Gremium. Das gezeigte wird in Kontext mit der Handlung und der Atmosphäre gebracht. Gremienmitglieder haben die Chance, das Spiel selbst anzutesten. Erst danach wird ein Urteil gefällt. Wenn vermutet wird, dass ein Spiel die Indizierungskriterien der BPjM erfüllt, wird das Alterskennzeichen verweigert.
Der Hersteller darf natürlich noch mal einen Antrag zur Prüfung stellen oder das Spiel anpassen (/zensieren) und es erneut vorlegen.
Ein hoher Gewaltanteil ist also lange kein Verweigerungsgrund mehr. Sich durch Leichenberge quälen (FarCry3) oder dutzende Gegner in SlowMo ins Jenseits befördern (MaxPayne3) ist möglich, solange Gewalt nicht verherrlicht wird. Gewalt zum Selbstzweck allerdings gilt als eine starke Jugendgefährdung.
Viele Spiele, die um die Jahrtausendwende auf dem Index landeten, würden nach jetzigen Maßstäben eine Freigabe bekommen. Als Beispiel MaxPayne 1 zu Teil 3. Hat die 3 selbst mit realistischen Todesanimationen und Einschusswunden eine Freigabe bekommen, so ist Teil 1 schnurstracks auf dem Index gelandet. Erst vor kurzem wurde MP1 nach erneuter Prüfung von der Liste gestrichen. DIe Prüfer gaben damals an, dass das Spiel nur dazu dient, so viele Gegner wie möglich zu töten. Die Motivation des Charakters war irrelevant.
Wird also weniger zensiert als vor 10 Jahren? Ja! Lara Croft braucht heutzutage kein blaues Blut mehr. Shooter, in denen man menschliche Soldaten zu hunderten tötet sind heute Massenware. Ein eigens für den deutschen Markt kreiertes Paralleluniversum (Soldier of Fortune 2) ist nicht mehr nötig.
Im Klartext: es zählt nicht mehr der Gewaltanteil an sich, sondern eher dessen Bezug zur Handlung und die Gefühle, die es auslöst. In SpecOps: The Line ist Gewalt etwas abstoßendes. Gewalt ist nicht schön.
Gewalt als Stilmittel, nicht als Hauptfeature.
Warum dann überhaupt Zensur?
Hersteller sind nicht gezwungen, zu zensieren. Sie tun es allerdings, um eine Freigabe zu erwirken. Manche zensieren sogar von vornherein, um nicht eine weitere Prüfung bei abgelehnten Titeln bezahlen zu müssen.
Allerdings sind die Bewertungskriterien der Institutionen realistischer geworden. Es ist nicht mehr so, als würde man seinen neuen PC seinem Uropa erklären wollen. Das Medium Videospiel ist in der gesellschaftlichen Mitte angekommen.
Die verbindlichen Kennzeichnungen der richtige Schritt. Indizierungen im Videospielbereich beziehen sich fast nur noch auf EU/Importware (=ungeprüft).
Und auch die Zensuren lassen nach. Viele waren überrascht, das Games wie Dead Space, Gears of War 3, God of War 3 oder Hitman:Absolution uncut erschienen. Vor wenigen jahren noch undenkbar.
Fazit
Und trotzdem: Zensur findet nach wie vor statt. Auch wenn meist nur als Vorsichtsmaßnahme des Publishers. Als mündiger Erwachsener möchte man natürlich das Produkt so erhalten, wie es gedacht war. Und durch Onlineshops hat man heutzutage zum Glück auch jederzeit die Möglichkeit dazu.
Man kann auch noch so sehr auf die staatlichen Institutionen schimpfen, man muss sich trotzdem eingestehen, dass sie mit der Zeit gehen.
Man darf nicht vergessen: USK und Co. sind nicht dafür da, uns zu ärgern, sondern um unsere Kinder zu schützen. Dafür hat der Staat eine Fürsorgepflicht.
Und wenn man sich heutzutage anschaut, wie mache Eltern ihre Kinder den ganzen Tag vor dem Fernseher parken, bin ich froh, dass nachmittags noch kein Jason Voorhees Menschen mit seiner Machete enthauptet.
Und zum Glück sind wir nicht die Einzigen. In anderen Ländern wird GTA wegen Nachahmungsgefahr verboten und in den USA ruft eine blanke Brust schon die wütende Meute auf die Straße.
Dann importier ich mir lieber ab und zu ein Spiel aus Österreich, doch diesen Schritt muss ich zum Glück immer weniger gehen.
Noch ein Tipp zum Schluss: eine gute Informationsquelle ist immer schnittberichte.com
Ich hoffe, ich konnte ein bisschen Licht ins undurchsichtige Dunkel der deutschen Kontrollinstitutionen bringen. Es hat sich in den letzten Jahren viel getan. Und wie einst der gute, alte Elvis ist auch unser schönstes Hobby nun kein Teufelswerk mehr, sondern etwas, das durchaus dazu imstande ist, Jung und Alt zu verbinden.
PS: Eventuelle kleine inhaltliche Fehler meinerseits bitte ich zu entschuldigen. Rechtschreibfehler und grammatikalische Faux-pas gehören dem Finder ;-)!
Quellen:
Usk.de
Bundesprüfstelle.de
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