Was ist Rot?

balthier9999

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Meine Güte, der letzte Blog-Post von mir liegt ja schon eine kleine Ewigkeit zurück. Dummerweise sind die Themen, die mir einfallen, allesamt so umfangreich, dass ich kaum Lust verspüre auch nur einen einzigen Absatz zu schreiben. Das nennt man dann wohl eine Schreib-Blockade ? dagegen hilft angeblich einfach mal spontan und ohne Rücksicht auf Fehler einen Text aus dem Bauch heraus zu schreiben. Wie man sieht, versuche ich mich gerade daran. Jedoch will der Drang nicht weichen, wenigstens eines der Themen, die mir im Kopf schwirren, zu erwähnen. Schade um die späteren Texte ? dann wiederhole ich mich eben dort, was soll?s?

Nun denn, was schwirrt im Kopf? Damit hab ich schon die wichtige Frage gestellt. Es mag zwar nichts neues sein, was ich denke, dennoch beschäftigt es mich. Das, was mich ins Grübeln bringt ist das Grübeln selbst. Das Denken. Was ist es denn? ? Ich behaupte: Kommunikation respektive Sprache. Wer mir das nicht glaubt, der soll mal bitte versuchen, ohne Sprache zu denken. Man kann sich ohne Sprache eigentlich nur an etwas erinnern oder etwas wahrnehmen. Erinnern an den Spielzeug-Einkaufsladen aus der Kindheit zum Beispiel: Es läuft ein Film im Kopf ab, der ohne Sprache funktionieren kann. Oder eben die schlichte Wahrnehmung: Schau ich auf einen Baum, sehe ich nicht "den" Baum als abstraktes Wort oder die Vorstellung davon, sondern ein Gebilde mit tausenden dünnen, grünen Flächen, die auf einem festen, braunen Zylinder unregelmäßig verteilt sind. Höre ich ein Auto, nehme ich kein "Brumm" wahr, sondern etwas, dass sich nicht wirklich mit Worten beschreiben lässt.

Was der Mensch mit den Dingen der Welt macht nennt man Abstraktion, also etwas einzelnes allgemein machen. Er fasst alle Bäume unter den Begriff "Baum", obwohl jeder Baum anders aussieht. Dieses Verallgemeinern ? obwohl ja logisch nicht korrekt ? ist äußerst praktisch: Nehmen wir an, auf einem Hügel befinden sich ein Schaf, ein Baum und ein Ballon. Eine Person A will, dass der Baum gefällt wird. Sie versucht nun Person B mitzuteilen, dass diese dem Willen der Person A mittels einer Axt nachkommen solle. Gäbe es kein Wort für Baum, Schaf oder Ballon, würde allein die Mitteilung des Auftrags fast unmöglich sein. Ein rundes Ding auf einem Stab? Das kann auf alle drei Dinge zutreffen.
Sprache und Denken

Der Vorteil ist klar. Aber was ist nun mit dem Denken? Es ist anzunehmen, dass die Sprache den Menschen erst intelligent macht, denn erst durch die Sprache ist der Mensch zum Denken fähig. Aber es geht noch einen Schritt weiter: Kommunikation (Sprache) dient ja eigentlich zur Interaktion zwischen Individuen, also Mensch zu Mensch. Mit wem kommuniziert aber der Gedanke? Der Gedanke kommuniziert mit sich selbst! Das nennt man dann (Selbst-)Bewusstsein, Ich-Gefühl, Reflexion. Ein Tier, dass nur wahrnimmt, weiß vielleicht noch nicht mal um sich selbst. Aber wissen es die Tiere für gewöhnlich doch, da auch sie kommunizieren können, nur eben weit weniger komplex wie ein Mensch.

Ich hab?s ja gesagt: Nichts neues, wovon ich denke. Deswegen schweife ich jetzt noch etwas aus: Obwohl es, wenn man mal darüber nachdenkt, logisch erscheint, dass Sprache und Wahrnehmung zusammen das Bewusstsein bilden, so bleiben dennoch ein paar Fragen: Warum ist Rot zum Beispiel Rot, also die Wahrnehmung Rot? Wieso ist das Bewusstsein so immens bewusst?
Man nennt dieses Phänomen Qualia. Ein bislang ungelöstes Problem, dass wohl noch lange bestehen wird.
Das Außerhalb

Alles, was erforscht wird, was gedacht wird, spielt sich in diesem Universum ab. Wie oft habe ich es miterlebt, dass Leute ein Außerhalb, dass weder Raum noch Zeit ist, für sie nicht vorstellbar ist. Sie klammern sich dann verzweifelt an Begriffe, wie Existenz, Raum, Nichts, Alles. Das ist sowohl falsch, als auch richtig. Ein Außerhalb ist weder unendlich, noch ist es ein großes Nichts, noch umhüllt es uns ? oder aber auch nicht; es existiert nicht oder aber es existiert. Außerhalb sind Logiken wie die Unendlichkeit schlichtweg ungültig oder gültig ? alles ist möglich, allerdings ist ?Möglichkeit? ja auch nur etwas aus unserer Welt. Das Außerhalb zu beschreiben ist wörtlich nicht möglich, da es alles ist, was wir kennen, aber ebenso auch alles ist, was wir nicht kennen. Und ebenso kann es nicht erkennbar sein.
Ums kurz zu fassen: An das Außerhalb zu "denken" ist unmöglich. Hier ist nicht nur die Grenze der Sprache erreicht, auch die der Erinnerung, der Wahrnehmung, der Wahrheit. Es gibt kein Nichts außerhalb, denn Nichts ist eine Vorstellung aus unserem Universum. Wenn schon das im diesem Universum Unmögliche, aber denkbare, im Außerhalb fast ausgeschlossen ist, dann macht es keinen Sinn in im diesen Universum möglichen Kategorien zu denken.

Wozu dieser Exkurs zum Außerhalb? Ich will auf eine metaphysische Komponente hinaus, auf die der Leser in diesem Moment eventuell gedanklich schon hinsteuert. Im Grunde lässt sich die Farbe Rot auch nicht definieren. Man kann die Wahrnehmung ?Rot? nicht mit Lichtwellen im Frequenzbereich von 430?480 THz beschreiben. Sie lässt sich auch nicht mit Worten wiedergeben. Und selbst dass sie existiert ist unsicher, denn der rote Körper an sich ist ja nur ein aus Atomen zusammengesetztes Ding, das Licht eben in einer bestimmten Frequenz widerspiegelt. Damit lässt sich maximal darstellen, wann etwas rot ist ? selbes ist aber auch theoretisch mit dem Außerhalb möglich: es ist eben außerhalb. Wie aber das Rot Rot wird, kann die Physik (momentan) nicht definieren.

Die Physik kann Dinge erklären und vorhersehen, weil das Universum offenbar (!) auf Gesetzen beruht. Sie kann die Dinge an sich aber nicht beschreiben. Energie, anscheinend der Grundbestandteil des Universums (selbst Materie ist ja Energie, multipliziert mit potenzierten Lichtgeschwindigkeit), ist eine Eigenschaft, Dinge zu bewegen, Arbeit auszuüben. Aber warum tut sie das? Der Physiker würde sagen: Würde sie es nicht tun, gäbe es dieses Universum nicht. Doch weit gefehlt: Wäre die Logik dieses Universums anders, dann könnte die Welt auch anders funktionieren.
Warum etwas ist, wie es ist, ist für den Physiker eher uninteressant, weil dies eine philosophische, metaphysische Frage ist.
Weltformel

Eins scheint aber dennoch klar: So vernebelt die Dinge sind, die Gesetze der Physik gelten. Sie zielen allerdings auf eine Sache, die dem Problem nicht näher kommt, die Quantengravitation, die Weltformel. Sobald man diese findet, wird die Frage nach dem Warum aufkeimen (vgl. "die letzte Ursache"). Und spätestens hier wird jeder Physiker mit der Metaphysik der Welt konfrontiert. Es wird für sie ein unbefriedigendes Gefühl sein, alles zu Wissen mögliche zu wissen, aber das Unmögliche nicht.
PS: Bitte die Dinge nicht als Sinn-Dinge missverstehen. Ein Warum ist hier nicht die Frage nach dem Sinn, sondern nach der Erscheinung.
 
Das nenn ich mal ansprechend^^
Ist mal ne gute Abwechslung zu den "Mein Lieblingsspiel"-Blogs oder zu den ganzen Vorstellungsblogs.
An der Form des Blogs oder Rechtschreibung gibts so gut wie nichts zu meckern, ist ja normal, dasss sich irgendwo immer ein paar Flüchtigkeitsfehler einschleichen.
Auch die bilder sind schön und passend, wirkt richtig professionell.

Die Themen sind natürlich nicht jedermanns Sache, sind ja eher schwer zu greifen, zumindest wenns zum metaphysischen Kram kommt.
Aber Probleme zu folgen hat man keineswegs, deine Beschreibungen leuchten ein und man kann deine Erläuterungen gut nachvollziehen.

Ich nehme an, du hast dir die entsprechenden Kenntnisse durch Studium bzw. Selbststudium angeeignet?
Ich denke mal viele Menschen beschäftigen sich in ruhigen Momenten mit solchen Themen, oder auch nicht^^
Aber du hast ja schon einige Fachbegriffe aus der Physik und so verwendet, die man sich natürlich anlernen muss.
Für mich ist es jetzt zum Beispiel unheimlich schwierig hier zu argumentieren. Über solche Themen macht man sich natürlich seine Gedanken und man kommt zu Schlüssen, aber ohne angelernte Kenntnisse würden meine Argumente nur aus eigenen Vermutungen bestehen, die halt auch völliger Unsinn sein können.
Ich hab mich selbst noch gar nicht engagiert mit sowas beschäftigt, also noch keine Bücher gelesen und ich werde auch ein Fach studieren, das in eine völlig andere Richtung geht.

Aber bei deinem Blog kriegt man auch das Gefühl, dass man gar nicht argumentieren muss, auf der einen Seite, weil deine Ausdrucksweise von Professionalität zeugt und auf der anderen Seite, weil deine Behauptungen wie Tatsachen erscheinen und das vor allem deswegen, weil ich mich wie schon erwähnt nicht aktiv mit solchen Themen beschäftigt habe.

Jedenfalls ist dein Blog mal ne etwas anspruchsvollere Abwechslung und auch mal ganz interessant. 5 Sternchen sind deswegen nur selbtsverständlich.

MfG NtauralGenius-san
 
Einen sehr feinen Blog haben sie hier verfasst... *mich wissend nickend zurückziehe*
 
Danke für das Kompliment. Ja, ein paar Astrophysik-Bücher habe ich schon gelesen, aber Hobby-Physiker bin ich nicht. Ich studiere Design ? zu lesen gibt es da ja nicht viel, erst recht nicht über Philosophie oder Physik.

@dani: Ich bedanke mich!
 
Wieso sollte es ohne Sprache keine Autos geben? Gut, ohne Intelligenz hätte sie niemand erfinden können, aber angenommen sie wären schon immer dagewesen, so gäbe es sie doch trotzdem.

Und selbstverständlich liegst du falsch, weil sich die Zahl der Laute, die wir wiedergeben können sich erheblich von der Zahl der Laute unterscheidet, die wir hören und unterscheiden können.
Ich höre kein B-R-U-M-M (Buchstabe für Buchstabe), sondern wie ich schon sagte, etwas, dass ich sich gar nicht beschreiben lässt, genauso wenig wie ich einen Baum geometrisch beschreiben kann. Darum geht es ja letztlich: Wir haben eine Fülle an Wahrnehmungen, die wir in der Sprache sehr verallgemeinern. Aber nur so funktioniert der kommunikative Austausch.
Die Wahrnehmung übersetzt auch nichts: Ein Brummen wird nicht in Menschenlaute übersetzt. Die Übersetzung geschieht nur durch die Sprache: Vom realen Laut zu ?Brumm?.

Oder meintest du es anders?^^
 
Du kannst den Laut nicht exakt imitieren, dafür ist das Sprachorgan gar nicht ausgelegt. Mit Glück interpretiert jemand dein Brummen mit einem Auto, könnte aber ebenso gut Regen der auf eine Metallplatte fällt oder sonst was sein. Die Mitteilung ist unmöglich allein durch die uneindeutige Imitation des Lauts, verstehst du?

Das, was du hier meinst, ist eben die Erinnerung und Wahrnehmung: Du hast den Laut im Kopf, der ist auch einigermaßen identisch mit der Realität. Aber du kannst ihn nicht in Schriftform und auch nicht Sprachform original und naturgetreu mitteilen. Daher assoziieren wir mit den Geräuschen, die da im Kopf und in der Umwelt sind eher ein Wort und archivieren dieses auch dementsprechend.

Das, was du dann als Laut wiedergibst, ist eine verfälschte Form der Realität: Also Sprache. So ist ja auch das Wort Brumm entstanden.
 
Thema sowie Schreibstil gefallen mir sehr...

Darüberinaus will ich etwas anmerken/fragen:
"Wie aber das Rot Rot wird, kann die Physik (momentan) nicht definieren."
Meinst du damit, dass man momentan nicht beschreiben kann, aus welchem Grund bestimmte Stoffe rot sind (bzw. allgemein eine gewisse Farbe haben)? Falls du genau das meinst: die Chemie kann das ziemlich gut beschreiben. :D
 
Sie kann nur beschreiben, wann etwas rot ist. Wieso das Rot als Rot erscheint kann sie nicht erklären. Siehe Qualia.
 
...dem kann ich so zustimmen.

Das Rot wird ja von uns Menschen als Rot gesehn.
Zu dem Thema habe ich mich schon mal gefragt: Kann es sein, dass die Menschen untereinander Rot unterschiedlich wahrnehmen? D.h.: Was wäre, wenn meine Augen(+Gehirn) so auffassen, wie du z.b. Grün siehst.
 
Man kann eigentlich nicht wissen, wie Farben von anderen Menschen tatsächlich wahrgenommen werden. Also ums auf die Spitze zu treiben: Ein Rot sieht für manchen (aus deiner Sicht) aus, wie Blau, überträgt aber dieselben Emotionen ? warum auch immer. Wobei man klar sagen muss: Das ist Theorie, dennoch ist es philosophisch nicht auszuschließen und wissenschaftlich nicht nachzuweisen.

Das ist im Prinzip genau die Frage, die dieser Blog stellt. Was ist Rot?^^
 
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