Zwei Herren Murakami

M

mayaku

Gast
Fern ab von all dem Europa überflutenden Gothic-Lolita und Hentai gibt es noch ein oder zwei andere interessante Sachen aus Japan. So wage ich mal zu behaupten.

Verantwortlich für das eine oder andere Stückchen Kunst aus diesem schönen Lande sind zwei Herren, die den gleichen Nachnamen tragen: Takashi bzw. Haruki Murakami.

Beginnen möchte ich mit dem älteren der beiden Meister, dem Autor Haruki Murakami.
Die Majorität seines Opus wird dem "magischen Realismus" zugeordnet, wobei der Anteil an "Magie" oder eher "phantastischen Elementen" stark von Roman zu Roman schwankt.
Mitunter ist auch nicht ganz klar, ob die beschriebenen Realitäten wirkliche Traumwelten oder Teil der Wahrnehmung der Protagonisten sind.
Ist auch eigentlich egal!

Wenn ein Schaf zu sprechen anfängt, so kann man das getrost erst einmal hin nehmen, die Offenbarung wird es später zu gegebenem Zeitpunkt schon geben. Oder auch nicht. Als Teil des Ganzen macht jedoch jedes Element Sinn, Murakami lässt einen nicht im (Frosch-)Regen stehen, er versorgt den Rezipienten mit glänzenden Stücken süßer Melancholie, die einem das Gefühl des ständigen Sonnenuntergangs geben.

Schwierig nachzuvollziehen vielleicht, wenn man noch keinen seiner Romane in Händen hielt und förmlich in sich aufsaugte, aber er ist ein Meister des pittoresken Schreibens, denn ich habe bei kaum einen anderen Autor ein solch detailliertes Bild des Beschriebenen vor meinem geistigen Auge.
Bild und Gefühl, das weiß Murakami wahrlich zu vermitteln.

"Murakami zu lesen wirkt selbst tröstlich auf Leute, die noch gar nicht traurig sind, vielleicht ist das Murakamis Geheimnis." war in der Zeit zu lesen. Ein Freund formulierte es etwas anders und meinte, dass Murakami zu lesen in etwas so sei, wie eine gute nahrhafte Hühnerbrühe für die Seele zu essen.

Hach, ich könnte hier noch ewig meine Begeisterung abfeiern, möchte aber doch lieber meine Lieblingsromane von Murakami-Sensei als Empfehlung aufzählen, falls ich Interesse an diesem Autor wecken konnte:

- Wilde Schafsjagd
- Hard-Boiled Wonderland
- Tanz mit dem Schafsmann
- Kafka am Strand
Der andere Meister ist der Maler, Takashi Murakami.
Ob "Maler" die richtige Bezeichnung ist, sei mal dahin gestellt, wahrscheinlich wäre "Designer", "Graphiker" oder "Geschäftsmann" die bessere Bezeichnung.
Seine Skulpturen, Videos, Drucke und - eben gemalte - Bilder sind meist der Pop-Art zuordbar.
Hin und wieder wird Takashi Murakami auch als der "Roy Lichtenstein Japans" bezeichnet. Recht treffend, wie ich finde.

Dieser Murakami hat kaum Skrupel oder Bedenken, sich bei allen Teilen der japanischen und westlichen Kultur zu bedienen und deren Symbole zu benutzen oder gleich auseinander zu nehmen.
Fröhlich herum spritzende (!) Manga-Männlein gehören genauso zu seinem Repertoire, wie Comic-hafte Atompilze, die das japanische Trauma von Hiroshima und Nagasaki behandeln.
Geschäftsmann ist Murakami-Sensei Nummero 2, da er die völlige Kontrolle über die Vermarktung seiner Kunst in Händen hält. Völlig unabhängig von Galerien vertreibt er seine Werke in Eigenregie und verwaltet deren Copyright, in gleicher Manier, wie (z.B.) Prada und Coca-Cola in Mode und Werbung.
Das geht so weit, dass er auch eine Kollektion (oder waren es gleich mehrere?) von Luis Vuitton-Taschen kreierte.
Das hat ihm viel Kritik eingebracht, aber auch viel Respekt und sicher auch eine Menge Geld.
 
Wir hatten ja schon im Forum über die Klasse von Haruki Murakami geplauscht. Deswegen habe ich dem nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass meine drei Lieblingsromane "Gefährliche Geliebte", "Naokos Lächeln" (Sein Durchbruch damals in Japan!) und "Tanz mit dem Schafsmann" sind.
 
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