Identifikation mit Videospiel-Figuren: Eine bizarre Scheindebatte

Lukas Schmid

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Absolut volle Zustimmung. Ich liebe jedes Spiel, dass mir einen Charakter bringt, der eine interessante Geschichte hat und eine glaubwürdige Mission. Bei Rollenspielen wähle ich seit einigen Jahren sogar meistens die weibliche Form, obwohl ich ein Mann bin. Liegt vielleicht auch daran, dass Frauen in meinen Augen einfach meistens hübscher sind.
 
Ich muss gestehen: Ich gehöre zu den Spielern, denen eine Identifikation mit ihrer Spielfigur sehr wichtig ist. Der Grund dafür ist simpel: In einem Spiel bin ich, im Gegensatz zu einem Film, nicht ein Beobachter sondern die aktiv handelnde Person. Die Spielfigur wiederum ist mein Avatar in der Spielewelt und soll mich dort vertreten. Daher ist es auch wichtig, das die Spielfigur mich dort repräsentieren kann.

Dabei muss die Spielfigur keineswegs so aussehen wie ich, die Figur darf auch gerne so aussehen, wie ich gerne mal aussehen würde, etwa ein starker Kämpfer oder ein mächtiger Magier. Aber auch abstrakte Formen sind durchaus in Ordnung, etwa die Kugel im 80er Jahre Arcade Automaten Marble Madness oder ein Auto in einem Rennspiel, bei dem ich mir natürlich vorstelle, am Steuer zu sitzen oder auch ein kleiner Pilz in Mario Kart.

Schwierig wird es, wenn ich nicht so aussehen und sein will, wie die Figur. Das ist beispielsweise bei vielen weiblichen Charakteren der Fall, aber auch nicht bei allen. Wenn ich die Figur cool finde, wie etwa die intelligente Foto-Journalistin Jade im Klassiker "Beyond Good and Evil" klappt es dann auch mal mit einer weiblichen Hauptfigur. Mit der aufreizend dargestellten Lara Croft im ersten Tombraider hingegen konnte ich mich hingegen nicht identifizieren und habe auch bis heute kein Tomb Raider Game gespielt, obwohl zwei XBOX 360 auf meinem Pile of Shame herumfliegen.

Das Thema "Identifikation mit Spielfiguren" ist auch keineswegs neu, ähnliche Diskussionen wurden schon zu zeiten der Pen und paper Rollenspiele in den 80er Jahren geführt. Grundsätzlich geht es wohl um zwei völlig verschiedene Arten, die Verbindung zwischen Spieler und Spielfigur wahrzunehmen:

Die eine Gruppe will sich selber in das Spiel hinein versetzen und betrachtet die Spielfigur als ihren Stellvertreter im Spiel. Da ist es auch nicht verwunderlich, das man sich von dieser Spielfigur gut repräsentiert sehen will. Dieser Spieler schlüpft durchaus auch gerne in andere Rollen, bleibt dabei aber immer er selber, nur eben beispielsweise mit starken Muskeln oder mächtigem Zauber ausgestattet. Er fragt sich: Was wäre, wenn ich selber andere Eigenschaften hätte.

Die andere Gruppe hingegen möchte sich offensichtlich komplett in andere Leute hinein versetzen und deren Gefühle und Erleben nachempfinden. Hier ist dann die Identifikation mit der Spielfigur naturgemäß nicht so wichtig.

Welche Gruppe nun die Mehrheit und welche die Minderheit ist, kann man schwer sagen. Auf jeden Fall sind die Leute, denen eine Identifikation mit ihrer Spielfigur wichtig ist, ganz sicher keine kleine Minderheit, auch wenn nur ein paar davon dies in Foren kundtun.

Wie sonst will man sich die Milliardenumsätze mit kosmetischen Items in vielen Spielen mit Mikrotransaktionen erklären? Kein Mensch würde wohl Geld dafür ausgeben, wenn es ihm egal wäre, wie seine Spielfigur aussieht. Denkt mal drüber nach.

Sicher mag die Spieleindustrie derzeit sehr daran interessiert sein, den Markt durch neue Zielgruppen zu vergrößern, aber dabei sollte man auch die Bedürfnisse vieler bestehender Kunden nicht ignorieren. Das hat man ja auch schon bei der Singleplayer Debatte gelernt. Der Spieler ist so, wie er ist und nicht so, wie man ihn gerne hätte, letztendlich stimmt er dann mit seinem Geldbeutel ab.

Das Gute ist, die Industrie wird das schon früher oder später erkennen und dann einfach Mechanismen einbauen, wie einen Charaktereditor oder eine Auswahl zwischen männlicher und weiblicher Spielfigur. Das ist alles gar nicht so schwer und schon hat man es wieder allen Recht gemacht und Verkaufshindernisse aus dem Weg geräumt. Bis dahin aber, ist diese Diskussion wichtig.
 
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