Funkel, Funkel, Spiele-Stern

Goemon

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Bereits vor sechs Jahren gab es im Internet den Club Nintendo. Unter dem Namen "VIP 24:7" konnten übermütige Zocker mit flüssiger Online-Verbindung dort ihre Nintendo-Spiele und Konsolen registrieren. Ausgewählten Produkten aus der Nintendo-lizensierten Palette waren kleine Einladungsschreiben beigelegt, die bei entsprechender Verwaltung etwa 200 bis 500 Sterne abwarfen. Wer eine ausreichende Anzahl gesammelt hatte, durfte sich im Download-Center spektakuläre Geschenke aussuchen. Neben Soundtrack-CDs und Stickerbögen, die aufgrund ihrer relativen Seltenheit tatsächlich irgendwie cool waren, konnte man durch Einsatz seiner mühsam gehorteten Sternenhaufen auch so überaus nützliche Gimmicks eintauschen wie Spielratgeber als PDF, Hintergrundbilder, Desktop-Themen oder Bildschirmschoner. Dinge also, die man als geübter Internet-Benutzer ohnehin kostenlos in jedem gut sortierten Forum hinterher geworfen bekam. Warum Nintendo diesen Schmant dennoch erfolgreich anbot, ist mir bis heute schleierhaft. Positive Erinnerungen bleiben mir eigentlich nur an die selten eingestreuten CDs die derart rar gesät waren, dass man meinen könnte die Europäer könnten nur dann welche anbieten, wenn sie die Rohlinge nach hebräischen Anweisungen in Eigenarbeit mit stumpfen Steinwerkzeugen aus einem Sandblock herausarbeiten der zuvor auf Händen laufend zwischen die Ohren geklemmt von der Schwarzmeerküste herantransportiert werden musste.

Der Anfang vom Ende
Schon bald traten übergebühr gelangweilte Arbeitslose und Schulschwänzer auf die Online-Matte und erwarben kurzerhand jedes noch so unwichtige Gimmick, das Nintendo kurzfristig in widernatürlich begrenzter Stückzahl auf den Markt warf. Wenn man also nach etwa einer Stunde den Sterne-Katalog auf dem heimischen Rechner neu lud, konnte man manchmal einen neuen Artikel finden der a) sich durch seinen nicht vorhandenen Nutzen sauber in die Reihe der Bildschirmschoner und Hintergrundbilder einreihte oder b) für den geneigten Zocker irgendwie interessant und folgerichtig bereits ausverkauft war.

Nebenher bekam man schon zur Registrierung eines Spiels stets einige Bilder oder Themenpakete zum kostenlosen Download, die oft in kleinen Gruppen und mit so brillanten Namen wie "File_99534aa2-5540-4006-9048-9f8eb5953179.jpg" oder "File_9b4d3deb-8eac-4e1c-800e-b7b51011d87f.zip" daherkamen, sodass selbst promovierte Gedächtnis-Genies nach gut zwei Minuten Downloadzeit keinen Plan mehr hatten, was sie sich da eigentlich gerade gesaugt hatten.

Wii-Power
Mit der Einführung von DS und Wii fand eine umfassende Umgestaltung des Web-Auftritts statt, der nun wieder unter dem Namen Club Nintendo die wachsende Fanbasis unterstützen und zum Kauf animieren sollte. Vor dem Hintergrund schnellerer Online-Verbindungen und erstarkter Konkurrenz waren schnelles Handeln und vor allem clevere Ideen gefragt, um die Kunden vom Angebot der Mitbewerber mit echter Web-Unterstützung weg zu locken. Doch Nintendo bewies erneut seinen Einfallsreichtum bezüglich der Fanunterstützung und krempelte den Online-Sterne-Katalog komplett um. Aus vergangenen Geschehnissen hatte man bereits gelernt, dass manche User tatsächlich Panne genug waren um die sauer verdienten Sterne für Kram auszugeben, den man an anderer Stelle gratis bekam. Folglich besteht der neue Katalog hauptsächlich aus Hintergrundbildern, Spielehilfen auf PDF und, weil Nintendo auch an die ganz kleinen Deppen denkt, die wöchentlich ihr gesamtes Monatstaschengeld in sinnfreie Spaß-SMS investieren, endlich auch Klingeltönen. Da die steinernen Werkzeuge offenbar während des virtuellen Umzugs verloren gingen, sind Soundtrack-CDs ehedem ausgestorben.

Um den Kunden jeglichen verbliebenen Restwillen am Promo-Aufgebot des Spieleherstellers zu nehmen, entschied man sich zu einer äußerst raffinierten Umwandlung des bisherigen Sternekontos. Nach einem Jahr würden die bislang gesammelten Sterne einfach zu Staub zerfallen, wodurch der Kunde gezwungen war, das komatös wirkende Portal täglich nach einem halbwegs nützlichen Gegenstand abzusuchen. Glücklicherweise kann man Sterne zum horrenden Wechselkurs von 4:1 in Wii-Points umwandeln, wodurch Wii-Gamer zumindest in der Lage sind ihre müßig erarbeitete Milchstraße zu kleinen Spielen umzuwandeln.
Der absolute Oberkracher aus jener Zeit ist jedoch eine golden glänzende Zelda-Statue die Link auf Eponas wildem Rücken zeigt. Wie schon andere Angebote zuvor, die dem Zocker mehr als ein müdes Gähnen hervorlockten, materialisierte auch dieses limitierte Sammlerstück eines Morgens mitsamt dem Ausverkauft-Button mitten im Katalog. Diesmal aber nicht unter der altbekannten Preislage, sondern für satte 15.000 Sterne. Das ist ungefähr jene Masse Sternenstaub die man erhielt, wenn man ausnahmslos alle Nintendo-Spiele erwarb denen eine Einladung für den Club beilag und nie welche im Shop einlöste. Zugriff auf die Statue hatten demnach nur Ober-Nerds ohne Privatleben und vom Konsortium speziell Begünstigte.

Heute ist alles anders
Da eine zunehmende Anzahl von Spielern inzwischen weiß, wie man sich im Internet nicht nur Fehlinformationen, Werbemails, Viren und pornographische Bilder beschafft, sondern auch Nintendos kostenpflichtige Angebote zum Nulltarif herunter lädt, komplettieren inzwischen so lustige Gimmicks wie Topflappen, Schlüsselanhänger, Tassen, Rennautos und weiterer Merchandise-Kram die Produktpalette. Spiele gibt es auch manchmal, momentan beispielsweise Mario Power Tennis für GBA, das in zwei Wochen seinen dritten Geburtstag feiert und schnell noch verschleudert werden muss, bevor im kommenden Jahr der neue DSi jede Verwendbarkeit von GBA-Spielen unter seinem Multimedialen Tritten zermalmt.

Ich habe jedenfalls aus den verflossenen Sternschnuppen gelernt und horte meine Punkte nun wieder in Code-Form auf dem Schreibtisch. Wenn dann irgendwann mal wieder ein für mich interessanter Artikel erscheint, werde ich meine Scheinchen einlösen und hoffen, dass die Ober-Nerds von damals gerade mal fünf Minuten Pause machen, während ich die dämlichen Fragebögen ausfülle die heute mit jeder Produktregistrierung verbunden sind.
 
hab selbst noch i-wo solche coupons rumliegen.... wenn ich mich da angemeldet hätte wäre, hätte ich bestimmt schon das kotzen gekriegt...

aber ich hatte den nintendo-club zum glück schon ohne vorkenntnisse als unnützen krempel abgetan!

will nintendo eig. durch diesen makabren "sevice" profit machen, indem sich mehr leute produkt-codes gegen sterne tauchen?!
 
beschert uns inzwischen immerhin ein ordentliches Merchandise-Angebot. Wenn ich Östreicher wäre, würde ich mich hingegen ziemlich verarscht fühlen, denn die dürfen gar net teilnehmen.
 
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