Geld oder Kohle ? das ist die Frage

Goemon

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Im sonnigen Oktober startete ein Volksbegehren gegen die Öffnung neuer Tagebaue in der Lausitz (Ostbrandenburg, Ostdeutschland, Mitteleuropa, Erde). Die Initiative begründet sich auf den vielen Braunkohle-Tagebauen die jene Region bereits beherbergt und die außer Sanierungsprojekten eigentlich nichts abwerfen. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall räumt bei seinen Plänen allerdings nicht viel Spielraum ein, immerhin geht es ja um Arbeitsplätze und um Aufrechterhaltung der jährlichen Fördermenge von 180 Millionen Tonnen deutscher Braunkohle. Den Anwohnern geht es eher um den Erhalt ihrer Gemeinden, die Verhinderung von erneuten Zwangsumsiedlungen und um ein paar tausend Tonnen CO2 die jedes Jahr durch Lausitzer Verbrennungsprojekte dabei helfen, die Atmosphäre aufzuheizen. 80.000 Unterschriften müssen bis Februar gesammelt werden, damit die Landesregierung sich überhaupt noch mal mit dem Thema beschäftigt. Bislang sind es kaum 500. Obwohl sich nach Umfragewerten rund eine Viertel Million Brandenburger gegen weitere Landschaftsverwüstung durch Vattenfall ausspricht, ist also auf den Namenslisten noch nicht viel passiert.

Her mit der Kohle
Wenn der globale Emissionshandel bereits auf die Stromerzeugung angewandt würde, wäre Kohle so ineffizient wie ein Terrorist als Bomben-Entschärfer (oder ein Paladin als Damage-Dealer, wenn ihr euch das besser vorstellen könnt). Neben den Kosten für die Umsiedlung ganzer Dörfer samt Spezialtransport baufälliger Kirchen unter Denkmalschutz schlagen auch die Kosten für die abschließende Renaturierung ordentlich zu Buche. Ganz zu schweigen von den Abgasen, die weltweite Schäden durch Klimaveränderung beschwören. Selbst mit meinem schier grenzenlosen Optimismus bezweifle ich stark, dass sich unsere Energiekonzerne redlich um die Familien kümmern werden die durch Meeresspiegelanstieg, Versteppung, Nahrungsmittelverknappung, Trinkwasserversalzung, Wüstenbildung oder wirtschaftlichen Zusammenbruch Heimat- und Mittellos werden.
Kalkulierte man die gesamten Folgekosten in den Endpreis der Kohle ein, müsste das selbsternannte "Energiezentrum Lausitz" sofort für umfassende Sanktionen gegen Vattenfall eintreten. Aber dies liegt angeblich nicht im Interesse des Steuerzahlers. Zumindest nach Meinung jener Abgeordneter, die gar keine Steuern zahlen.
Das Kreuz mit der Stimmabgabe
Warum muss Demokratie immer so schwierig sein? Bestimmt wären bereits wesentlich mehr Wähler in die Meldeämter gestürmt, wenn sie überhaupt auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht würden. Ich bin sogar so selten beim Meldeamt tätig, dass ich erstmal nachschauen musste, wo das überhaupt liegt. Das Gebäude stellte sich dann als Bürgerbüro heraus, was die Suche deutlich vereinfachte. Ich muss für ein erfolgreiches Volksbegehren demnach nicht nur mein Anliegen publik machen, sondern auch dafür sorgen, dass Interessierte in Scharen zum entsprechenden Amt laufen. Kann man so etwas nicht zusammen mit irgendwelchen Wahlen durchführen?
Kommenden Juni stimmen wir zum Beispiel über unsere Vertreter im Europaparlament ab. Da könnten dann nebenher die ganzen Listen zu Volksabstimmungen ausliegen und jeder signiert, wonach ihm gerade der Sinn steht. Ich wäre nicht mehr genötigt bis in die Stadt zu fahren, weil mein Wahlkreisbüro quasi um die Ecke liegt und mit nur einem Besuch erhielten unsere Politiker gleich mehrere Denkzettel. Das steht doch wohl im zentralen Interesse deutscher Effizienz!?

Oder die Bundestagswahl am 27. September, bei der wir Angela und Frank-Walter zeigen werden, wie sehr wir sie lieb haben. Die großen Parteien heben übrigens den imposanteren Teil ihres Wahlkampfes begonnen. So meinte SPD-Chef Müntefering neulich: "Es muss in der nächsten Legislaturperiode gesetzlich fixiert werden: wenn Männer und Frauen gleiche Arbeit machen, bekommen sie gleiches Geld." Holla, welch interessanter und vor allem völlig neuartiger Gedanke. Mich dünkt, ich hätte solch Kunde schon vor fünfzehn Jahren gehört, als ein Herr Kohl mit der FDP paktierte. Soziale Gerechtigkeit war immer mal wieder ein Randthema von Koalitionsvereinbarungen und wurde oft genug ausdiskutiert. Doch erhalten Ossis und Frauen für die gleiche Arbeit weiterhin 10% weniger Geld als Wessis und Männer. Ja, das sind -20% Einkommen für Frauen aus dem Osten bei identischem Arbeitseinsatz. Aber Frank-Walter wird das bestimmt ändern können! Der Mann, dem wirtschaftliche Beziehungen zu China wichtiger sind als Völkermord an tausenden Tibetern, wird den Sozialstaat revolutionieren. Es wird nicht nur alles gut, es wird sogar besser. Und unsere Renten sind sicher. Welch politische Posse!

Ich weiß jedenfalls wo ich mein Kreuz machen werde, denn ich behalte meine Kohlen!
 
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