Mafia 3 (Xbox One)
Hmmmhhh... was soll man zu diesem Spiel sagen? Es ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite steht Mafia 3 für eine tolle Geschichte mit überzeugender 60er Jahre Thematik, auf der anderen Seite enttäuscht die Technik durch unzählige Bugs, Glitches und anderen Ungereimtheiten.
Also zunächst einmal die Gründe, warum man es sich nicht hätte kaufen sollen.
Man muss sehr viel Zeit und Geduld mitbringen, wenn man dieses Spiel beenden will. Das ist u.a. langen Autofahrten geschuldet, denn es gibt keine Schnellreisefunktion. Die Spielzeit wird durch viele Aufträge mit langen Fahrten künstlich gestreckt. Als nur eines von vielen Beispielen soll hier die Nebenmission von Gangster Burke stehen, der ein paar Boote geklaut haben möchte:
Da die Map von Mafia 3 extrem groß ist, kann so eine Fahrt schon mal 5 Minuten oder länger dauern, je nach Autotyp. Am unteren Ende der Karte in den Sümpfen angekommen stiehlt man das Boot und fährt damit weitere 5 Minuten zu Burke zurück. Burke möchte aber drei Boote haben! Also sollte dieser Auftrag theoretisch 30 Minuten dauern. Jetzt kommen aber noch die zahlreichen technischen Macken von Mafia 3 hinzu. So war bei mir ein Boot gesunken, dass ich den letzen Checkpoint neu laden musste (immerhin gibt es diese Funktion, denn frei speichern darf man nicht und es gibt nur einen einzigen Spielstand).
Als wäre das noch nicht alles ramme ich auf der Fahrt versehentlich ein Polizeiauto. Das finden die Cops in Mafia 3 überhaupt nicht witzig, also verfolgen sie mich, einzig mit dem Ziel mich zu töten. Man flüchtet dann in alle möglichen Richtungen, nur nicht in die des gesuchten Bootes. Nach fünf Minuten sind die Cops dann endlich abgehängt und ich muss einen langen Umweg zu meinem Ziel fahren. Plötzliche Tode ereilen einen zwar nicht, aber so geht das immer weiter und ein vermeindlich einfacher Auftrag beansprucht extrem viel Zeit. Geschweige denn, Aufträge wie drei Boote zu besorgen würde irgendwie Spaß machen.
Die technische Seite von Mafia 3 ist ein kleines Desaster: Gelegentlich explodieren spontan Autos, verschwinden Passanten im Gehweg, oder Boote fliegen nach einem Aufprall meilenweit durch die Luft. Die untergehende Sonne blendete vor dem letzen Patch so dermaßen, dass man nicht mehr sah wo man hinfährt.
Die Grafik allgemein ist eigentlich sehr hübsch und voller liebevoller Details. Eigentlich. Denn überall gibt es extrem verwaschene Hintergründe und sämtliche Kanten flimmern wie ein Waldbrand in Kalifornien. Die Bildrate ist weder konstant noch besonders flüssig. Insbesondere bei den Autofahrten (umd damit verbringt man gefühlt die Hälfte der Zeit im Spiel) ruckelt die Umgebung wie bei einem mittelschweren Erdbeben.
Komisch ist auch, dass in manchen Radiosendern manchmal deutsche Sprecher zu hören sind und dann gibt es auf dem gleichen Sender Werbeunterbrechungen im amerikanischen Original. Ebenso hat die Spielfigur in Zwischensequenzen manchmal seinen Original-Parker an und manchmal trägt sie das Kostüm, das wir ihr angezogen haben. Seltsam...
Ein weiterer Minuspunkt bekommt das Spiel für die repititiven Aufträge und Vorgehensweisen. So muss der schwarze Protagonist und Vietnamveteran Lincoln Clay ein Gebäude infiltrieren. Die Vorgehensweise ist immer gleich: Lincoln geht hinter einer Tür oder einer Kiste in Deckung und erregt Aufmerksamkeit durch ein leises Pfeifen. Einer von vielen geklonten Bösewichtern wird mistrauisch und geht in Lincolns Richtung. Ein Druck auf die B-Taste reicht und es erscheint eine brutale Nahkampf-Tötungsszene mit dem Bowiemesser. Sieht das zufällig ein zweiter Ganove, geht er automatisch zur Leiche und die B-Taste kommt erneut zum Einsatz. Lincoln kann dabei auf Tastendruck durch Wände sehen (!) und mit pfeifen mehr Gangster anlocken. Das kann man theoretisch so lange machen bis alle Gegner erledigt sind. Wird man entdeckt kommt es zum Kampf. Lincoln kann flüchten oder er greift zu einer diversen Bleispritze.
Fast jede Haupt- und Nebenmission kann man auf diese Weise absolvieren. Da wundert es nicht, wenn es irgendwann zur langweiligen Routine wird.
Das klingt erstmal alles katastrophal. Aber es gibt durchaus auch Lichtblicke in Mafia 3.
Anders als in GTA V gibt es eine deutsche Sprachausgabe, die recht ordentlich gelungen ist. Man wird auch bei den Autofahrten nicht durch ewig lange Dialoge abgelent. Abgesehen von den Meldungen die mal in Englisch und mal in Deutsch ablaufen, sind die Radiosender aber absolut grandios. Zwar wiederholen sich so manche Songs von Janins Joplin, Rolling Stones, Jimi Hendrix, Johnny Cash, Aretha Franklin, Cream, John Lee Hooker, Beach Boys u.v.a., nach einer Weile, aber das kennt man von anderen Spielen auch die uns mit langen Autofahrten unterhalten wollen.
Die zeitlich korrekt angesiedelte Musik unterstreicht die sowieso schon extrem dichte Atmosphäre der späten 60er Jahre. In der Story geht es nicht nur um die persönliche Rachegeschichte von Lincoln Clay, sondern auch um die Black Power Bewegung, den Ku-Klux-Klan, um Polizeigewalt und Korruption. Natürlich wird auch der Vietnamkrieg thematisiert und im Radio hört man immer wieder die täglichen Schreckensmeldungen über Massaker und Kriegsverbrechen auf beiden Seiten. Anders als in GTA V ist diese Welt realistisch und spielt weniger mit Sarkasmus und Satire.
Sehr gut gelungen sind die reichlichen Zwischensequenzen. Die Grafik bewegt sich zwar nicht auf dem allerhöchsten Niveau, aber Gesichter und Bewegungen sind realistisch umgesetzt und erzählen eine spannende Geschichte aus mehreren Perspektiven. Ex-C.I.A. Agent John Donovan und Freund von Lincoln Clay steht vor einem Untersuchungsausschuß und berichtet rückwirkend von Lincolns Taten, jedesmal wenn man eine Mission abgeschlossen hat. Die Cutscenes sind teils ironisch witzig, teils brutal aber nachvollziehbar. Überhaupt ist Mafia 3 ziemlich blutig. Jedoch kann man in den Optionen zumindest die Nahkampf-Tötungen auf nicht tödlich einstellen. Aber hey! Es geht hier um ein Mafia-Spiel und die Mafia ist eben kein Ponyhof.
Fazit:
Mafia 3 ist technisch nicht so gut wie sein Vorgänger. Daran Schuld trägt hauptsächlich das grafische Grundgerüst des Spiels. Mit einem Jahr mehr Feinschliff wären die Entwickler besser beraten gewesen. Es ist zwar kein "unfertiges" Spiel wie seinerzeit Assassin's Creed Unity, aber die Technik lässt eben arg zu wünschen übrig. Schade eigentlich, denn die Story fand ich sogar besser als die des Vorgängers.
Die Eroberung und Aufteilung der Gebiete sowie die damit langsam einhergehende Übernahme der kompletten Stadt kostet extrem viel Zeit. Andererseits bringt es den Vorteil mit sich, dass man sich aussuchen kann welche Gebiete wem seiner drei Mitstreiter übergeben möchte. Denn Burke, Cassandra und Vito (der aus dem Vorgänger) bieten stets unterschiedliche Boni, wie neue Waffen, Verringerung des Fahndungslevels, mehr Gesundheit usw.
Die Schießereien sind durchaus spaßig und fordern dem Spieler einiges ab. Glücklicherweise gibt es drei jederzeit einstellbare Schwierigkeitsgrade.
Das repititive Vorgehen bei den Eroberungen langweilt auf Dauer. Mit dem letzen Patch erschienen zwar Autorennen und es gab ein paar neue Kostüme für Lincoln, aber das macht den Braten nicht fett. Es fehlt ebenso viel Abwechslung wie im Vorgänger. Man sehnt danach bereits nach wenigen Spielstunden und fragt sich, warum Lincoln jetzt nicht einfach mal ins Bayou zum angeln gehen darf? Also wieder Munition auffüllen lassen und das nächste Gangsternest ausheben um die Story voranzutreiben.
Licht und Schatten liegen bei Mafia dicht nebeneinander. Wem die mangelnde Abwechslung nicht stört, aber auf gute Storys steht und die 60er Jahre mag, kann sich diesen abgespeckten GTA-Klon durchaus mal ansehen. Aber wie gesagt, reserviert dafür schon mal mindestens 30 Stunden euer Lebenszeit.
(7,5/10)