Wolfenstein: The new Order (Xbox One)
Es ist schwierig, das Spiel jemanden schmackhaft zu machen, wenn man keine Titel wie Rage, Doom 3, Half Life 2 oder Killzone 2 mag. Denn damit könnte man es noch am ehesten vergleichen. Das neueste Machwerk von Bethesda ist ein rabiater Ego-Shooter von den schwedischen MachineGames, das auf der id Tech 5-Engine basiert.
Man spielt wie eh und je den amerikanischen Widerstandskämpfer und geborenen Polen B.J. Blaskovicz, eine Art Mix aus Duke Nukem und Die Hard-Bruce Willis, der in der deutschen Fassung gegen "das Regime" kämpft. Diesmal verschlägt es ihn aber, verursacht durch ein langes Koma, in das Jahr 1960, wo das Regime bereits den 2. Weltkrieg gewonnen hat.
Für die Vergeltung werden B.J. jede Menge größere und kleinere Knarren zur Verfügung gestellt. Damit gilt es nun Chaos zu stiften und alles wegzuballern, was die falsche Uniform trägt. An vielen Stellen des Spiels kann man aber auch verhalten vorgehen, die Gegner lautlos von hinten überwältigen, mit Wurfmessern bearbeiten oder die Pistole mit Schalldämpfer benutzen. Das klappt erstaunlich gut! Zwar nicht so gut wie bei einem Deus Ex, MGS oder Splinter Cell, aber immerhin.
Am besten sind dann aber die großen Kaliber, denn nur mit denen kann man auch die großen Mechs, Kampfroboter oder Panzerhunde bekämpfen.
Das Spieldesign erinnert stellenweise an Half Life 2. Es gibt ruhigere Passagen, in denen man interaktiv mit Kameraden sprechen kann, die Umgebung erkunden kann oder leichte Rätselaufgaben zu meistern hat. Es gibt sogar eine Szene in einem frühen Kapitel, wo man sich für die Rettung eines von zwei Kameraden entscheiden muss. Der Spielverlauf wird zwar dadurch nicht sehr beeinflusst, aber man kann z.B. mit der einen Person Schlösser knacken und mit der anderen elektrische Geräte wie z.B. Tresore oder Aufzüge kurzschließen. Dann gibt es jeweils ein anderes Minispiel dazu. Auch im Unterschlupf tauchen später andere Personen auf und erzählen verschiedene Geschichten. Ein netter Einfall und ich finde, das erhöht den Wiederspielwert enorm, da die Story sehr unterhaltsam ist und dramaturgisch gut in Szene gesetzt wurde. Obwohl sie aber Wolfenstein-typisch vollkommener Nonsens ist, etwa wie im Film Iron Sky.
Dann geht es aber wieder mal richtig zur Sache und Granaten und Sturmgewehr kommen erneut zum Einsatz. Im späreten Spielverlauf kommen auch noch durchschlagkräftige Laserwaffen zum Einsatz. Deren Wirkung ist teilweise so verheerend, weshalb das Spiel auch nicht in Kinderhände gehört. Soll heißen, dass mit jeder Menge Blut und Splatter nicht gegeizt wird.
Das Geschehen spielt sich zumeist in schön verwinkelt gestalteten Innenarealen ab, aber es gibt auch größere und hübsch gestaltete Außenbereiche. Die Locations sind sehr abwechslungsreich gestaltet: Man besucht typische "Regime"-Festungen, brutale Gefangenenlager, kommt über Berlin bis nach Gibraltar und sogar noch sehr viel weiter. Aber davon wird hier nichts verraten. Nur soviel dazu: Es wird gegen Ende extrem abgefahren und absolut Over the Top!
Noch kurz zur Technik: Das neue Wolfenstein ist kein Meilenstein in Sachen Grafik, kann sich aber durchaus sehen lassen. Auf den LastGen Konslen wäre das Spiel wohl so nicht möglich gewesen, denn die Umgebung ist größtenteils zerstörbar und es läuft nach meinen Eindrücken fast immer in konstanten 60fps in 1080p Auflösung.
Auch der Sound ist brachial, die Musik mal rockig, mal dramatisch, mal witzig, aber immer zur jeweiligen Situation passend. Sowas geibt es heute nur noch eher selten. Ebenso können sich die wuchtigen Waffensounds hören lassen. Also die Anlage ordentlich aufdrehen, dann kommt Stimmung auf - Wolfenstein ist spielgewordener Heavy Metal!
Dazu kommt noch ein umfangreiches Crafting-System und man kann seine Fähigkeiten rollenspielartig aufleveln. Unzählige Sammelobjekte runden das ganze ab, was die Langzeitmotivation durchaus eine Weile hochhalten sollte.
Fazit: Wer auf Oldschool-Shooter wie Doom 3 oder Half Life 2 steht, der sollte sich diese Perle nicht entgehen lassen! Was Metro 2033 ansatzweise versucht hatte, geht hier voll auf. Das Spiel motiviert lange, erzählt eine schöne Geschichte, manchmal lustig, manchmal traurig und vergisst die Einbindung des Spielers dabei nicht. Denn Spaß hat man nicht nur mit den knackigen Shootouts, sondern auch mit dem Abwechslungsreichtum, was die Locations und alternativen Vorgehensweisen des Spielers angeht.
Spieler, die regenerative Lebensenergie als Bedingung ansehen, Realismus vorziehen, oder einen Multiplayer als Bedingung ansehen, sollten lieber einen Bogen um Wolfenstein herum machen. Wer es einfach mal wieder im Alleingang ordentlich krachen lassen will, für den ist das Spiel genau richtig!
(9/10)